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  • Fragmente – Stille. An Diotima für Streichquartett (1979/80)

Luigi Nono 1924-1990

Luigi Nono hat aus Friedrich Hölderlins Gedichten 47 Fragmente, 12 davon aus Diotima, entnommen und sie an 52 Stellen in die Partitur geschrieben, nicht als „naturalistische programmatische Hinweise“ oder zum verbalen Vortrag bestimmt. Nono versteht sie als „schweigende Gesänge aus anderen Räumen, aus anderen Himmeln, um auf andere Weise die Hoffnung nicht fahren zu lassen. (Die Ausführenden) mögen sie singen nach ihrem Selbstverständnis, nach dem Selbstverständnis von Klängen, die auf die zartesten Töne des inneren Lebens (Hölderlin) hinstreben.“ Ein Zitat, „...das weisst aber du nicht...“ aus Wenn aus der Ferne, kehrt fünfmal wieder und ist immer mit der Vortragsbezeichnung Mit innigster Empfindung aus Beethovens „Dankgesang“ (op. 132) verbunden. Das LaSalle Quartett hat das ihm gewidmete Auftragswerk der Stadt Bonn beim 30. Beethovenfest am 2. Juni 1980 in Bad Godesberg uraufgeführt und 1983 eingespielt, nachdem Nono den Wunsch nach einem Streichquartett in den fünfziger Jahren noch mit dem Versprechen, er wolle es sich überlegen, aufgeschoben hatte. 25 Jahre später ist das Werk entstanden. „Von solch ruhiger Reflexion ist tatsächlich etwas in das Stück selbst eingegangen. Es lässt sich Zeit. Es steht im Zeichen suspendierter Bewegung“ (Walter Levin). Eine Rückkehr des Avantgardisten zur Tradition also, ein Rückschritt des politisch engagierten Linken zur Konvention? Oder nur die von den Traditionalisten begrüsste Hinwendung zur „neuen Innerlichkeit“? Auf keinen Fall, meint Nono: „Ich habe mich keineswegs verändert. ... Ich will die grosse, aufrührerische Aussage mit kleinsten Mitteln.“ Die Klänge und Töne „aus dem Äther“ oder einer „geheimeren Welt“ muss man hören, darum geht es ihm: „Das Ohr aufwecken, die Augen, das menschliche Denken, die Intelligenz, die Exteriorisierung eines Maximums von Interiorisierung. Das ist heute das Entscheidende.“ So ist es wohl auch nicht entscheidend, wenn man das Ockeghem-Zitat nicht erkennt oder nicht merkt, dass Nono seine Material von jener Scala enigmatica ableitet, deren Harmonisierung 1888 eine Mailänder Musikzeitschrift als Aufgabe gestellt und die Verdi im Ave Maria seiner Quattro Pezzi sacri gelöst hat.
In einem Satz