Der weltweit berühmteste Name unter den Komponisten des Programms ist John Zorn, doch kennen ihn seine Fans kaum als Quartett-Komponisten, sondern als Vertreter der New Yorker Avantgarde im Bereich Free Jazz und trash-metal oder der Klezmer-Musik. Man hat ihn als «the most uncategorisable of the musicians» der Generation bezeichnet, die im New York der 1970er Jahre herangewachsen ist. Berühmt ist er als Saxophonist und Klarinettist. Er selber sieht sich vor allem als Komponist, bekennt sich zu seiner jüdischen Herkunft und fühlt sich der «Kultur des Aussenseitertums» verpflichtet. Die Zahl seiner Kompositionen und Aufnahmen aus allen seinen Werkgattungen ist gross. Das sechste Streichquartett trägt den Titel «The Alchemist» und bezieht sich auf die faszinierende und umstrittene Person des Alchemisten von Königin Elisabeth I., Dr. John Dee (1527-1608). Er war Mathematiker, Astronom, Astrologe, Geograph, Mystiker und vieles mehr. Für die «Engelsgespräche» (spirituelle Konferenzen, «hermetic angelic actions»), welche für den Komponisten Zorn wichtig sind, bediente er sich des Mediums Edward Kelley. Zorns Stück ist anspruchsvoll und klanglich wirkungsvoll und erinnert an grosse Werke der neuen Musik. Nach gut 12 Minuten wird dem Kammermusikkenner ein wohlbekanntes Themenzitat auffallen, das auf die hohen Ansprüche Zorns an sein eigenes Stück hinweist: das Fugenthema aus Beethovens «Grosser Fuge». Gegen Schluss des gut zwanzigminütigen Werks wird es nochmals anklingen – als Symbol für die Verklanglichung so schwieriger Fragen, wie sie Dees Theorien vertreten.