Alfred Schnittke entstammt einer deutsch-jüdischen Familie und wurde in Engels an der Wolga geboren. Zwölfjährig kam er nach Wien, 1953-58 studierte er am Moskauer Konservatorium, 1962-72 lehrte er dort selber. Seit 1985 war er gesundheitlich stark beeinträchtigt. Gleichwohl übernahm er 1989 eine Kompositionsklasse in Hamburg, wo er bis zu seinem Tod meist lebte. 1990 erwarb er die deutsche Staatsangehörigkeit. Schnittke hat sich zunächst intensiv mit Bartók, Strawinsky und der 2. Wiener Schule auseinandergesetzt, später mit den modernsten Richtungen der neuen Musik. Wichtig war 1963 die Begegnung mit Luigi Nono in Moskau. Seinen Stil prägte seit Ende der sechziger Jahre die von ihm so bezeichnete Polystilistik. Er verstand darunter Rückgriffe in Zitaten oder Anspielungen auf andere Stilepochen und andere musikalische Bereiche. Er verwendet diese aber nicht in Form der Collage, sondern um eine Zusammenführung verschiedener musikalischer Schichten zu erreichen, indem er sie verfremdet, bricht und verbindet. Dies geschieht manchmal mit Ironie (Moz-Art-Serie), meist aber ernsthaft, etwa durch eine Art Hineinmontieren und intensives Verarbeiten der Anspielungen, so im 3. Streichquartett, einer Auftragskomposition der Gesellschaft für Neue Musik Mannheim. Es beginnt mit drei Zitaten: einer Kadenzfloskel aus Orlando di Lassos Stabat Mater (1582), dem Hauptthema von Beethovens Grosser Fuge und den von Schostakowitsch öfters benutzten (10. Sinfonie, 8. Streichquartett) eigenen Initialen D-eS-C-H; dieses gleicht mit der aufsteigenden und fallenden kleinen Sekund den ersten vier Tönen von Beethovens Fugenthema. Aus diesem Material wird durchführungsmässig der Satz gestaltet. Als viertes Thema kommt eine Tonfolge mit Quart, Sekund und doppeltem Tritonus hinzu; man hat es als das Schnittke-Thema bezeichnet. Das gleiche Material, immer stärker variiert und aufgespalten, bestimmt den zweiten, scherzohaften Satz. Der heftigen Bewegung mit mehreren Steigerungen werden Phasen der Erstarrung gegenübergestellt. Der Pesante-Satz beginnt voller Pathos, dem sich wiederum Bewegungslosigkeit entgegenstellt. Die Zitatthemen und das 4. Thema tauchen wieder auf, allerdings meist nicht mehr selbständig, sondern in engem Beziehungsgeflecht. Zum Schluss erklingt im Pizzicato das DSCH-Motiv – und alles verklingt morendo.