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  • «Revelge», Gesang nach einem Text aus «Des Knaben Wunderhorn» (1899)

Gustav Mahler 1860-1911

Im letzten Jahrzehnt des Lieder-Jahrhunderts, dessen frühen Höhepunkt Schubert geschaffen und den Schumann fortgeführt hatte, greift Mahler auf die frühe Romantik zurück ("Des Knaben Wunderhorn" erschien 1806/08). "Mit vollem Bewusstsein von Art und Ton dieser Poesie (die...beinahe mehr Natur und Leben - also die Quelle aller Poesie - als Kunst genannt werden könnte) [habe ich] mich ihr sozusagen mit Haut und Haar verschrieben". So umfasst seine Liedkunst das ganze romantische Jahrhundert, aber die Romantik ist gebrochen, wie in Mahlers Sinfonien die klassisch-romantische Sinfonie nur noch durchscheint und in eine ganz neue Dimension übergeführt ist. Die Lieder dieser Sammlung (es gibt daneben noch frühere Wunderhorn-Lieder), die Mahler teils als Humoresken, teils als Balladen, gesamthaft aber als Gesänge bezeichnet, entstanden zwischen 1892 und 1901, alle mit einer Ausnahme („Es sungen drei Engel“ aus der 3. Sinfonie) zunächst in der Klavierfassung. Mahler hat sie dann orchestriert und zum Teil weitgehend unverändert („Urlicht“: 2. Sinfonie / „Das himmlische Leben“: 4. Sinfonie) oder in Teilaspekten (Motive und Themen) daraus („Fischpredigt“: 2. Sinfonie / „Ablösung im Sommer“ aus der frühen Sammlung: 3. Sinfonie) in seine Sinfonien übernommen. Unter den vier hier dargebotenen sticht der brutal-groteske Trauermarsch in Form eines Totentanz-Morgenständchens von „Revelge“ hervor - nicht nur im Umfang. Hier betritt der Tod in einer schauerlichen Szenerie die Bühne, die unterschiedlicher nicht sein könnte als die frühromantisch verhaltene, als Abgesang so erschütternde in Schuberts „Leiermann“. Wie hat sich dieses 19. Jahrhundert entwickelt! Auch wenn um 1900 noch Komponisten „romantisch“ komponieren - die Romantik Schuberts und Schumanns liegt in weiter Ferne. (...)