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  • «Löwen Löwen» (2004) auf Texte von Klaus Merz für Sopran und Violine, Auftrag von Patricia Kopatchinskaja und Theater am Gleis Winterthur (2004)

Max E. Keller 1947-

Keller, 1947 in Aarau geboren, studierte Musikwissenschaft, Germanistik und Geschichte sowie Komposition bei Hans Ulrich Lehmann, Helmut Lachenmann, Nikolaus A. Huber und Thomas Kessler und war Stipendiat der Heinrich-Strobel-Stiftung des SWF. Von 1966–1973 spielte er Freejazz und improvisierte Musik nach Konzepten auf dem Klavier und auf elektronischen Instrumenten. Seit 1973 hat er über 90 Kompositionen für verschiedenste Besetzungen geschrieben, auch elektronische Musik. Oft vertonte er Texte verschiedenster Autoren und in verschiedener Besetzung und zudem oft politisch engagierte, auch in szenischen Werken, so etwa die Miniaturoper «Egon - aus dem Leben eines Bankbeamten» mit fast 30 Aufführungen. Seine Kompositionen wurden in ganz Europa, in Asien, in Nord- und Südamerika und in Australien aufgeführt und gesendet. Mehrere Arbeitsaufenthalte in Berlin. Die CDs «Kammermusik» bei «col legno» und «Klingen im Gegenwind» (Jecklin Edition) sind seinen Werken gewidmet. 2003 erschien die CD «Max E. Keller» (Grammont Portrait) mit fünf Kammermusikwerken und einem Orchesterwerk (Tonhalle-Orchester unter David Zinman). Gegenwärtig arbeitet Keller an der Kammeroper «Die Axt» nach Frischs «Graf Öderland», einem Auftrag der Komischen Oper Berlin. Die Vorpremiere des auf Anregung von Patricia Kopatchinskaja geschriebenen, 11 Minuten dauernden Werkes «Löwen Löwen» fand am Vortag im Rahmen des «Klangnovembers Aarau» im Kultur- und Kongresshaus Aarau statt. Der Komponist schreibt zu seinem neusten Werk: In lakonischen, melancholischen und zugleich spielerisch-poetischen Miniaturen spiegelt Klaus Merz [* 1945 in Aarau] in «Löwen Löwen» [Venezianische Spiegelungen, erschienen 2004] überraschende Facetten der vielbesungenen Lagunenstadt Venedig. Ungewohnte Kombinationen von Alltagsereignissen, Beobachtungen, Assoziationen und Reflexionen erzeugen oft eine hintergründige Doppelbödigkeit, die ein Kriterium für die Auswahl der sieben kurzen Texte und zugleich ein Ausgangspunkt der Vertonung ist. Streckenweise scheint die Musik wie auf zwei Ebenen zu verlaufen, nicht nur im Gegeneinander von Instrument und Stimme, sondern auch innerhalb der einzelnen Partien – und doch finden sich die zwei Akteure unversehens wieder zu einer Einheit zusammen, und sei es zu einer ironisch-überspitzten. «Nachgeben heisst das Gesetz der Lagune» – diese allgemeine Bewegungsmaxime ist ein weiteres Grundmodell der Vertonung. Es wird nicht nur in naheliegendster Form als Decrescendo umsetzt, sondern es können sich neben der Lautstärke auch andere Dimensionen des Klanggeschehens wie Tonlänge und -höhe, Klangfarbe oder Bewegung zurückentwickeln. Und nachgebendes, zurücksteckendes Understatement ist ja der Grundton der Merzschen Texte. Ein drittes musikalisches Grundmodell artikuliert auch das oft unausgesprochene Vorstossen, das einem Nachgeben vorausgeht, z.B. in einem Crescendo, das plötzlich in ein leises Zerfasern und Zerbröckeln umschlägt. Daneben werden auch andere musikalische Mittel verwendet, denn es geht weniger um illustrierende Verdopplung als um interpretierende Erweiterung und Entschlüsselung des Textes.