Man hat Haydns f-moll-Quartett als tragisch und als typischen Vertreter der Tonart f-moll bezeichnet oder seine ernste, schwermütige Grundhaltung hervorgehoben. Von einem tragischen Hintergrund wissen wir jedoch nichts. Es ging Haydn wohl eher um Ernsthaftigkeit, welche das op. 20 generell gerade in der Ausarbeitung auszeichnet – es handelt sich also ganz um absolute Musik. Im ersten Satz des Quartetts Nr. 5 entwickelt sich das kantable ausgedehnte erste Thema in mehreren Windungen, bevor es in As-dur wiederholt wird. Auch das zweite Thema steht in As-dur. Das Ende des Satzes bildet eine nicht nur durch ihre Länge aussergewöhnliche Coda; sie schliesst piano in f-moll. Das Menuett steht wie bei zwei weiteren Quartetten des op. 20 an zweiter Stelle. Hier hat man neben der Weiterführung der schwermütigen Stimmung auch einen graziösen, sanften Charakter festgestellt. Das Trio bringt die Tonart F-dur, bildet aber kaum einen Kontrast zum Menuett. F-dur ist auch die Tonart des Adagio. Sein Sechsachteltakt in der Art eines wiegenden Siciliano hellt die Stimmung insbesondere in den Variationen auf. Das Finale (ohne Tempobezeichnung) wird von einer Fuge mit zwei kontrastierenden Themen gebildet. Sie kehrt in ihrer streng konsequenten Ausführung zum Ernst der Anfangssätze zurück. Über die Bedeutung des op. 20 sagte einst Donald Tovey: „Mit Opus 20 erreicht die historische Entwicklung von Haydns Quartetten ihren Endpunkt; und weiterer Fortschritt ist nicht Fortschritt in irgendeiner geschichtlichen Bedeutung, sondern schlicht der Unterschied zwischen einem Meisterwerk und dem nächsten.“ Eines der Probleme, das Komponisten bei der Sonatenform immer wieder beschäftigte (man denke an Beethovens 9. Sinfonie und Grosse Fuge), war die Gestaltung des Schlusssatzes, der gegenüber den andern Sätzen nicht abfallen sollte. Haydn wählte dazu in drei der Quartette des op. 20 eine Fuge, je eine zu 2, 3 und 4 soggetti. Seine intensive Auseinandersetzung mit den sechs Quartetten zeigen Entwürfe, von denen allerdings nur einer erhalten ist. Selbst die Reihenfolge hat er mehrfach geändert. Im Entwurfskatalog von 1772 steht das f-moll-Quartett am Anfang (Haydn bringt zuerst die Fugenquartette mit aufsteigender Anzahl der soggetti), im Druck bei Chevardière (Paris 1774), der die Opuszahl XX festlegt, an zweiter Stelle. Im Druck von ca. 1779, berühmt geworden durch das Bild der Sonne auf dem Titelblatt (darum „Sonnenquartette“), steht es an 5. Stelle; in der Neuausgabe bei Pleyel von 1802 blieb es dabei, weshalb wir das Quartett heute als Nr. 5 bezeichnen. Für die zweibändige Ausgabe bei Artaria (Wien 1800/01) hat Haydn die Werke und die Reihenfolge sorgfältig revidiert. Band I bringt die Quartette in Es (Nr. 1), A (6) und f (5); Band II jene in D (4), C (2) und g (3). Hier stehen also die beiden Moll-Werke jeweils am Ende eines Bandes. H. C. Robbins Landon vermutet, Haydn habe mit dieser Neuordnung möglicherweise sein op. 20 näher zum damals modernen op. 18 Beethovens stellen wollen, gerade mit der Betonung der dramatischsten Werke am Schluss jeder Teilserie.