• Werk-Details
  • Streichquintett f-moll, op. 34 (rekonstruierte Fassung) (1862)

Johannes Brahms 1833-1897

Gibt es ein Streichquintett mit zwei Celli von Brahms? Ja! Einmal abgesehen davon, dass ein solches tatsächlich existiert hat, gibt es seit einiger Zeit dieses Quintett wieder, erst recht seit 2006. Doch beginnen wir vorne. Im Sommer 1862 schrieb Brahms, gerade 29-jährig, ein Streichquintett mit zwei Celli und schickte es an Clara Schumann und Joseph Joachim. Clara reagierte am 3. September begeistert: „Ich weiss nicht recht, wie ich’s anfangen soll, Dir mit ruhigen Worten zu sagen, welche Wonne ich an deinem Quintett habe. Ich habe es viele Male gespielt, und mir ist das Herz ganz voll davon! Das wird ja immer schöner, herrlicher!“ Joseph Joachim schrieb etwas später: „Es ist, soviel ist mir gleich klar, ein Stück von tiefster Bedeutung, voll männlicher Kraft und schwungvoller Gestaltung.“ Im April 1863 allerdings bemängelte er dann den fehlenden „Klangreiz“ und die Instrumentation, die er einerseits als „ohnmächtig dünn“, andererseits als „zu dick“ beurteilte. Er schrieb an Brahms: „So wie das Quintett ist, möchte ich es nicht öffentlich produzieren – aber nur, weil ich hoffe, du änderst hie und da einige selbst mir zu grosse Schroffheiten und lichtest hie und da das Kolorit.“ Clara Schumann schloss sich den Bedenken an. Brahms erstellte daraus eine Sonate für zwei Klaviere und danach, nochmals zur Umarbeitung gedrängt, das Klavierquintett. So kennen wir das Werk heute vor allem; die Sonate ist seltener zu hören. Es sei nicht verschwiegen, dass Joachim – wie später bei den Violinkonzerten von Schumann und Dvořák, die heute noch darunter leiden – mit seiner Kritik ein wichtiges Werk im wahrsten Sinne zu Fall gebracht hat: Brahms hat die Streicherfassung wie frühe Streichquartette offensichtlich vernichtet. Natürlich hat man immer wieder daran gedacht, die Urfassung zu rekonstruieren, und es auch getan, so 1941 Sebastian H. Brown. Um 2006 hat der finnische Cellist Anssi Karttunen, im vollen Bewusstsein des hypothetischen Resultats, eine neue, andere Version erstellt. Für ihn ist die Streicherfassung instrumentengerechter als die Klavierquintettversion. Seine Gedanken zur Rekonstruktion kann man unter web.me.com/anssivk/Anssi/Brahms nachlesen. Der erste Satz entwickelt sich aus einem viertaktigen Motto und bringt drei kontrastierende Themengruppen. Das Andante in As-dur wirkt nach dem üppigen Kopfsatz intermezzohaft. Das c-moll-Scherzo weist mit der für Brahms typischen entwickelnden Variation auf den ersten Satz zurück; das Trio nimmt als Variante das zweite Scherzo-Thema auf. Das Finale, Höhepunkt des Werkes, beginnt mit einer langsamen Einleitung, aus der sich das Hauptthema herausschält. Was wie ein Sonatensatz beginnt, erweist sich als viel komplizierter und bedient sich erneut variierender Techniken.
Allegro non troppo
Andante, un poco Adagio
Scherzo. Allegro – Trio
Poco sostenuto – Allegro non troppo – Presto non troppo