Mit Beethovens Opus 18 steht die Komposition von Streichquartetten im Moment eines entscheidenden Wandels. Es ist kein Zufall, dass dies genau im Zeitpunkt der Jahrhundertwende geschah: Die Klassik eines Haydn und Mozart, die noch vor nicht allzu langer Zeit im Gewande des Rokoko daher gekommen war, neigte sich ihrem Ende zu, eine neue Klassik, die sich mit romantischen Elementen verbinden sollte, stand am Horizont. 1797 hatte Haydn die Quartette op. 76 komponiert und sie 1799 veröffentlicht; in diesem Jahr entstand auch das unvollständige op. 77. Zur gleichen Zeit arbeitete Beethoven erstmals an Streichquartetten. Zuvor oder gleichzeitig hatte er sich in erstaunlicher Weise fast allen Kammermusikgattungen gewidmet und folgende Werke einer Opuszahl, d.h. der Veröffentlichung gewürdigt: Klaviertrios (op.1; um 1794), Klaviersonaten (op. 2, 7, 10, 13 und 14; 1795-99), Streichquintett (op. 4 nach einem früheren Bläseroktett), Cellosonaten (op. 5; 1796), Streichtrios (op.3, 8 und 9; 1798), Violinsonaten (op.12; 1797), Klavierquintett mit Bläsern (op.16; 1796), Hornsonate (op. 17; 1800). Jetzt war die Zeit reif, fühlte er sich reif für die Komposition und Veröffentlichung von Quartetten - kurz danach sollte die 1. Sinfonie folgen.
Natürlich wurzeln die sechs Quartette noch im 18. Jahrhundert und berufen sich auf Haydn und Mozart. Noch einmal taucht auch jene Sechserzahl für ein Opus auf, die für Haydn die Regel gewesen war. Sie zeigen aber auch die Suche nach dem eigenen Stil. (...)
Im Jahre 1800, nach Abschluss aller sechs Quartette, überarbeitete Beethoven die Nummern 1 bis 3 grundlegend. (...) Die zuerst entstandene Nr. 3 wirkt freundlich-melodiös und endet mit einem Finale in virtuoser Entladung von Spielfreude, schliesst aber ganz überraschend-witzig im Pianissimo. Hier ist Haydn ganz nah. (...)