Konzerte Saison 2020-2021

  • 17.8.2021
  • 19.30
  • 95.Saison
  • Abo 8 Saison 2020-21
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

KONZERT VERSCHOBEN vom 2.3.2021

Cuarteto Quiroga (Madrid)

Ab dem 15. August 2021 finden sämtliche öffentlichen Veranstaltungen im Stadtcasino Basel nach dem GGG-Prinzip (geimpft, genesen oder getestet) unter Anwendung des Covid-Zertifikates statt. Wir bitten Sie deshalb, Ihr Zertifikat sowie Ihren Personalausweis/ID beim Eingang vorzuweisen.

Das Cuarteto Quiroga nennt sich nach dem im galicischen Pontevedra (NW-Spanien) geborenen bedeutenden Geiger Manuel Quiroga (1892-1961), dessen Karriere, nachdem er 1937 in New York von einem Lastwagen angefahren worden war, wegen einer Behinderung und späteren Lähmung eines Armes beendet wurde. Er war danach als Komponist und Maler aktiv.

Das Quartett hat nach seiner Gründung 2004 bei Rainer Schmidt in Madrid und Walter Levin in Basel sowie bei Hatto Beyerle studiert. Es war Gewinner mehrerer bedeutender Quartettwettbewerbe (u. a. Bordeaux, Paolo Borciani, Genf) und ist in den wichtigsten Konzertsälen und bei den grossen Festivals in Europa und Amerika aufgetreten. Im Juni 2014 gestaltete es sechs Konzerte im Auditorio Nacional de Madrid mit dem op. 20 von Haydn, den sechs «Haydn-Quartetten» Mozarts und dem Gesamtwerk für Streichquartett von György Kurtág. Das Cuarteto Quiroga ist Quartet-in-Residence an der Fundación Museo Cerralbo in Madrid, seinem künstlerischen Sitz. Es arbeitet mit bekannten Musikern sowie mit Choreographen, Dramaturgen und Schauspielern zusammen. Sein Repertoire ist sehr breit; es umfasst sowohl bekannte als auch selten zu hörende frühe, klassische und moderne Kompositionen. Zuletzt – im November 2020 – ist die CD «Heritage» mit Werken aus dem Madrid zur Zeit Goyas (Boccherini, Brunetti, Canales, de Almeida Mota etc.) erschienen.

Das Quartett war im Rahmen des «Zyklus Wiener Klassik» von November 2016 bis November 2018 viermal mit Quartetten von Beethoven, Eybler, Haydn, Mozart und Pleyel in unseren Konzerten zu Gast.

Joaquín Turina hat in seiner Geburtsstadt Sevilla, in Madrid sowie 1905 bis 1913 in Paris studiert (Klavier sowie bei Vincent d’Indy Komposition). Sein Oeuvre umfasst Opern, Orchester- und Klavierwerke sowie Kammermusik und Lieder (104 mit Opuszahlen und 24 weitere). Die «Oración», sein bekanntestes Werk, hat er im Original für ein Laúds-Quartett geschrieben. Damit sind nicht klassische Lauten gemeint, sondern mit einer Mandoline vergleichbare Folklore-Instrumente. Im Folgejahr erstellte Turina eine Version für Streichquartett, etwas später für Streichorchester. Weitere Bearbeitungen, auch durch andere Musiker, folgten – der Erfolg war also gross. Wir befinden uns an einem Sonntagnachmittag in der Stierkampfarena von Madrid. In der Nähe der Kapelle am Rand der Arena erlebte Turina, wie die Toreros kurz vor ihrem lebensgefährlichen Auftritt still beteten und daneben als Kontrast, den er subjektiv musikalisch empfand, die Unruhe im Publikum und den Lärm und Tumult in der Arena.

Schostakowitschs 8. Quartett ist in nur drei Tagen in der Nähe von Dresden entstanden, wo er sich 1960 aufhielt, um die Filmmusik zu einer deutsch-russischen Koproduktion zu schreiben. Dies vergegenwärtigte ihm die Zerstörung Dresdens und die Vernichtung unzähliger Menschen. Darum widmete er das Werk «den Opfern des Faschismus und des Krieges». Viel später gewichtete der Komponist anders, mehr autobiographisch. So jedenfalls wollte er das Zitat aus dem berühmten russischen Revolutionslied «Erschöpft von schwerer Gefangenschaft» verstanden wissen. Überhaupt ist das Werk voller Zitate: Im zweiten Satz erklingt das jüdische Thema, das im 2. Klaviertrio eine wichtige Rolle spielte; im dritten erscheint das Anfangsmotiv des 1. Cellokonzerts aus dem Vorjahr und leitet in den 4. Satz über. Darin zitiert er aus seiner Oper Lady Macbeth von Mzsenk. Zudem klingen die 1. und 10. Sinfonie an. Vor allem im 1. und dem das Werk zyklisch beschliessenden 5. Satz spielt das immer wieder begegnende Motiv D-eS-C-H, das Kürzel von Schostakowitschs Namen, eine wichtige Rolle. So ist die von seiner Tochter geäusserte Meinung, Schostakowitsch habe das Quartett «sich selbst gewidmet», wohl richtig. Dass er es als eine Art Requiem für sich selbst auffasste, bestätigt ein Brief an seinen Freund Isaak Glikman. «Stattdessen habe ich ein niemandem nützendes und ideologisch verwerfliches Quartett geschrieben. Ich dachte darüber nach, dass, sollte ich irgendwann einmal sterben, kaum jemand ein Werk schreiben wird, das meinem Andenken gewidmet ist. Deshalb habe ich beschlossen, selbst etwas Derartiges zu schreiben. Man könnte auf seinen Einband auch schreiben: ‹Gewidmet dem Andenken des Komponisten dieses Quartetts›».

Rodolfo Halffters Vater, der Juwelier Ernst Albert Halffter Hein, war aus dem damals ostpreussischen Königsberg nach Spanien ausgewandert, wo er eine Katalanin heiratete. Hier kam Rodolfo zur Welt. Als weitgehender Autodidakt wurde er Komponist (wie auch sein jüngerer Bruder Ernesto, geb. 1905, und sein Cousin Cristóbal). Einen grossen Teil seines Lebens verbrachte er in Mexiko. Die «Ocho Tientos» waren ein Auftragswerk des 22. Granada Festivals und wurden am 2. Juli 1973 im Löwenhof der Alhambra uraufgeführt. Halffter schreibt (gekürzt): «Es handelt sich um acht Tientos (‹Versuche› oder ‹Experimente›), ein Begriff, der vom frühen 16. bis ins 18. Jahrhundert für eine bestimmte Art der Instrumentalmusik verwendet wurde. Er entspricht etwa dem italienischen ‹ricercar›. Mein Werk besteht aus einer Reihe von acht sehr kurzen Stücken, bei denen ich versucht habe, ein neues Leben in die Kompositionsverfahren ‹einzuspritzen›, die ich am Beginn meiner Laufbahn angewandt hatte.»

Ginastera, in Buenos Aires geboren, war Sohn einer italienischstämmigen Mutter und eines Vaters mit spanisch-katalanischen Wurzeln. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in Genf. Im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute, die nach Paris gingen, um zu studieren, blieb er in seiner Geburtsstadt, wo im Konservatorium europäische und französische Musikkultur gepflegt wurde. Ginastera bewunderte Bartók, wollte aber eine eigenständige argentinische Musiksprache entwickeln. So verarbeitet er in seinem Schaffen den Kontrast der argentinischen Pampas und der kultivierten Urbanität. Die erste Schaffensperiode, später mit «objektivem Nationalismus» umschrieben, beruhte auf Melodik und Harmonik der argentinischen Volksmusik. Am Beginn der zweiten Periode eines subjektiven Nationalismus steht das 1. Streichquartett. Hier arbeitet Ginastera mit einer Achtton-Tonleiter, in der Halb- und Ganztöne abwechseln. Daraus leitet er Akkorde und Melodien ab, die strukturell zusammenhängen. Ein typisches Merkmal ist eine Art flamenco-naher Klang der Gitarre, der auch im Harmonischen genutzt wird. Motorische Energie, ein Merkmal von Ginasteras Stil, bestimmt den Kopfsatz und das Scherzo, das an den Malambo, einen Wetttanz zweier Männer, erinnert. Der langsame Satz, eine freie Rhapsodie, lässt die Gitarrenharmonik anklingen. Auch ins Finale, ein auf zwei Themen beruhendes Rondo, spielt sie hinein.