Spontaneität ist auch ein Merkmal des 1950 in Zürich geborenen Pianisten Werner Bärtschi. Er ist eine Künstlerpersönlichkeit, die sich nicht nach den gewohnten Massstäben ausrichtet. Immer wieder versucht er, den Sinn des Konzertierens neu zu definieren und nach der ästhetischen Grundposition eines Werkes zu fragen. Deshalb wirken seine Interpretationen spontan, kommunikativ und spannungsvoll. Dass er neben dem gängigen Repertoire, in dem Bach, Mozart, Beethoven oder Chopin den Schwerpunkt bilden, ein breites Spektrum von Werken seit der Spätrenaissance pflegt, verwundert darum nicht. Er setzt sich auch für weniger Bekanntes (C.Ph.E. Bach, Nielsen, Satie, Ives, Scelsi) und für Neues ein (Cage, Klaus Huber, Riley, Schnebel, Vogel). Schon immer hat Bärtschi auch komponiert; so sind mehr als dreissig Werke verschiedenster Gattungen entstanden.
Unter den drei Violinsonaten von Brahms hebt sich – ähnlich wie bei Beethovens op. 30 – eine, die dritte, dadurch von denen in G- bzw. A-dur ab, dass diese lyrisch und dreisätzig und weitgehend heiter sind, jene hingegen das leidenschaftliche Moll-Stück verkörpert. Sie ist zugleich die virtuoseste. Begonnen wurde sie zusammen mit der A-dur-Sonate im Sommer 1886 in Thun; die Vollendung der Sätze 2 bis 4 erfolgte zwei Jahre später. Brahms widmete sie dem Pianisten und Dirigenten Hans von Bülow, der mit seiner Meininger Hofkapelle das Orchesterschaffen von Brahms gefördert hatte (u.a. Uraufführung der 4. Sinfonie 1885). Am ehesten mit der A-dur-Sonate vergleichbar ist das sangliche zweiteilige Adagio in D-dur. Das Scherzo in fis-moll bildet den Gegensatz. Beide Sätze zusammen wirken intermezzohaft – in der A-dur-Sonate hatte Brahms dies in einen Satz zusammengefasst. Die Ecksätze verkörpern die d-moll-Leidenschaftlichkeit. Der letzte, wild herausfahrende noch mehr als der erste: er endet konsequenterweise in Moll.
Webern hatte in den Fünf Sätzen für Streichquartett op. 5 von 1909 den Weg weg von der thematischen Arbeit und hin zur aphoristischen Kürze eingeleitet. Im folgenden Jahr ging er mit den vier Geigenstücken noch einen Schritt weiter. Reminiszenzen an die Sonatenform oder Fragmente von klassisch-romantischen Themen sind fast ganz verschwunden. Im Vordergrund stehen Intervallbeziehungen, die sich ständig verwandeln, aber in ihrer Expressivität gleichwohl noch immer Raum lassen für den Geigen- und Klavierton.
John Cage, Kultfigur der neuen Musik, hat seit den dreissiger Jahren unabhängig und experimentell komponiert. Neben oft nur scheinbar klassischen Besetzungen treten originelle Instrumenten- und Stimmenkombinationen. Das gewagteste Stück (erst in diesem Jahr uraufgeführt!) ist 4’33’’ (1952) für beliebige Instrumente – die keinen einzigen Ton spielen. Das fünf Jahre ältere Nocturne dauert gleich lang. «In Nocturne an attempt is made to dissolve the difference between string and piano sounds though the convention of melody and accompaniment is maintained. The character of the piece is atmospheric and depends for its performance on a constant rubato and the sustaining of resonances» (J. Cage).