Konzerte Saison 2003-2004

  • 27.1.2004
  • 20.15
  • 78.Saison
  • Zyklus A
Stadtcasino, Festsaal

Trio Opus 8 (Stuttgart)

Unter Kennern ist ein «Opus 8» rasch eingeordnet, erst recht als Name eines Klaviertrios. Um Vivaldis «Vier Jahreszeiten» wird es sich somit kaum handeln; und so kann nur das 1. Klaviertrio von Johannes Brahms gemeint sein. In der Tat haben sich die drei Musiker beim Studium dieses Werkes gefunden. Es gibt allerdings noch weitere Klaviertrios mit der Opuszahl 8: Chopin, Pfitzner und die Nr. 1 von Schostakowitsch. Nach Studien an der Stuttgarter Musikhochschule und Meisterkursen beim Trio di Trieste, bei György Sebök und Leon Fleisher trat das Trio im Januar 1986 erstmals öffentlich auf. Im gleichen Jahr gewann es Preise bei den Kammermusik-Wettbewerben in Colmar, Triest, Florenz und Bordeaux sowie der «Felix Mendelssohn Bartholdy-Preis». Seither tritt das Trio in den bedeutenden Musikzentren Europas auf, macht Radio- und Fernsehaufnahmen. Doch ähnlich wie Brahms, der sein Opus 8 fast vier Jahrzehnte nach der Entstehung umarbeitete, arbeiten die drei gleichen Musiker an ihren musikalischen Ideen und fügen in ihren Interpretationen dem jugendlichen Überschwang nun Reife und Geschlossenheit hinzu. Auf CD liegen inzwischen vor: Brahms, Fauré, Mendelssohn, Raff, Ravel, Schubert, Schumann (1997) und Tschaikowski.
Die als letzte Dreier-Gruppe geschriebenen Trios Hob. XV:27–29 hat Haydn wie die drei letzten Klaviersonaten Therese Jansen gewidmet. Sie muss eine tüchtige Pianistin, aber auch musikalisch auf der Höhe gewesen sein. Die drei Trios zählen zu Haydns bedeutendsten und nehmen es mit wichtigsten Werken des Komponisten auf. Das Es-dur-Trio beginnt, wie dies jeweils auch in einem Werk der früheren Gruppen der Fall war, mit einem Variationensatz, der als eine Art Doppelvariation kunstvoll mit der Rondoform verknüpft wird. Darin fällt die Minore-Variation (Nr. 2) in es-moll auf. Das Ganze wirkt beinahe wie ein Fantasie. Das H-dur-Andantino mit seinem vom Klavier vorgestellten Hymnen-Thema geht nach einem Dominant-Sept-Akkord und Orgelpunkt attacca in den Schlusssatz über, der in der englischen Erstausgabe mit «in the German Style» überschrieben ist. Es handelt sich um eine Allemande, auf die auch die ländlerhaften Anklänge Bezug nehmen: ein kunstvoller Satz, der Scherzo und Sonatensatz verbindet.

1985 galt es, des 100. Geburtstags und des 50. Todestages Alban Bergs zu gedenken. Die Wiener Alban-Berg-Gesellschaft erteilte dem russischen Komponisten jüdisch-deutscher Herkunft Alfred Schnittke, der in jungen Jahren in Wien gelebt hatte, den Auftrag für ein Streichtrio. 1992 bearbeitete es Schnittke auf Wunsch des Geigers Oleh Krysa für Klaviertrio und widmete es seinem Arzt, der ihm zweimal das Leben gerettet hatte. Das Werk beginnt mit einer aus fünf Tönen bestehenden Formel, aus dem sich der weitere Verlauf des Moderato entwickelt. Plötzlich kippt das Ganze, obwohl sich das Werk auf die Wiener Musiktradition beruft, in eine Passage, die von der Minimal Music beeinflusst scheint. Etwas später folgt eine leise, an Ives gemahnende Stelle. Dazwischen kommt es immer wieder zu Gefühlsausbrüchen. Auch der zweite Satz, mit einem Geigensolo beginnend, lebt von diesen Gegensätzen. Er nimmt am Schluss Motive aus dem 1. Satz, z.B. die «Minimal-Music-Passage», wieder auf und bleibt ebenfalls weitgehend elegisch-melancholisch.

Von den vier Klaviertrios Schumanns (das früheste von 1842 trägt den Titel Fantasiestücke) sind das leidenschaftliche d-moll-Werk (op. 63) und das F-dur-Trio 1847 entstanden. Schumann sah sie als Schwesterwerke an, obwohl oder vielleicht gerade weil sie verschieden sind. Am 1. Mai 1849 schreibt Schumann an Carl Reinecke: «Das Trio ist von ganz anderem Charakter als das in D und wirkt freundlicher und schneller. Auf den Anfang des Adagio und auf ein Allegretto (statt des Scherzo) freue ich mich immer, wenn es daran kommt.» Clara Schumann schreibt 1849 begeistert: «Es gehört zu den Stücken Roberts, die mich von Anfang bis zum Ende in tiefster Seele erwärmen und entzücken. Ich liebe es leidenschaftlich und möchte es immer und immer wieder spielen.» Das Werk wurde im Hause Schumann öfter gespielt, ehe es 1850 in Leipzig öffentlich uraufgeführt wurde – mit Clara am Klavier. Der Kopfsatz weist drei Themen auf. Die Durchführung beginnt mit dem dritten; es zitiert unverkennbar das Eichendorff-Lied «Dein Bildnis wunderselig, hab ich im Herzensgrund» (op. 39/2). Auch das Adagio nimmt mit der Vortragsbezeichnung «Mit innigem Ausdruck» auf dieses Lied Bezug. Die Liedhaftigkeit setzt das Werk vom op. 63 ab. Dazu trägt bei, dass Schumann – wie er selber bemerkt – das Scherzo durch einen weiteren langsamen Satz, dem bei aller Komplexität das Tänzerische nicht abgeht, ersetzt.

rs

Joseph Haydn 1732-1809

Klaviertrio Nr. 45, Es-dur, Hob. XV:29 (vor 1797)
Poco Allegretto
Andantino ed innocentemente –
Finale: Allemande, Presto assai

Alfred Schnittke 1934-1998

Klaviertrio (1985/92)
Moderato
Adagio

Robert Schumann 1810-1856

Klaviertrio Nr. 2, F-dur, op. 80 (1847)
Sehr lebhaft – Nach und nach schneller
Mit innigem Ausdruck – Lebhaft
In mässiger Bewegung
Nicht zu rasch