Der aus einer ukrainischen Bauernfamilie stammende Nikolaj Roslavets erhielt seine Ausbildung am Moskauer Konservatorium und leitete ab 1922 zeitweise das Konservatorium in Charkow. Seine vom späten Skrjabin ausgehende Tonsprache entwickelte er bis 1919. Er arbeitete mit seriellen Ordnungen und setzte sich für Schönberg ein. Obwohl überzeugter Marxist, war er ein Vertreter der fortschrittlichen Musik und versuchte die Ansichten der musikalischen Avantgarde auch politisch zu begründen. Er verstand sich weder als bourgeoiser Ausbeuter noch als proletarischer Komponist. So verschwand er, seiner Ämter enthoben, aus dem Blickfeld – offenbar nach Sibirien verbannt. Später kehrte er nach Moskau zurück, durfte allerdings nur untergeordnete Tätigkeiten ausüben. In den 50er Jahren wurde er rehabilitiert, doch seine Werke (etwa das Violinkonzert von 1925) werden erst in letzter Zeit wiederentdeckt. Von seinen vier Klaviertrios steht das zweite am Beginn seiner Hauptschaffensperiode. Ihm liegt «eine achttönige ›Reihe‹ zugrunde, die sowohl das thematisch-melodische wie auch das harmonische Geschehen bestimmt. Eine Nähe zu Schönbergs Zwölftontechnik besteht jedoch nur theoretisch, da der Ausdrucksgehalt...ein tief ›romantischer‹, quasi-rückbezogener ist» (Wolf Harden). Die Form des einsätzigen, etwa 20minütigen Werks ist konventionell: eine «grossangelegte zweiteilige Liedform».
Wäre nicht das beliebte Dumky-Trio, Dvoráks f-moll-Trio hätte es leichter, seine Meisterschaft zu erweisen. Das etwa vierzigminütige Werk darf als eines der gelungensten und persönlichsten Kammermusikwerke des Komponisten gelten. Die von der Tonart vorgegebene Düsterheit verbindet sich mit Klangschönheit, insbesondere im As-dur-Klagegesang des Adagio, der die Leidenswelt des Kopfsatzes wieder aufnimmt. Das Scherzo steht in cis-moll und war ursprünglich an der traditionellen dritten Stelle geplant. Das furiantähnliche Finale macht sich die Spannung von cis-moll und f-moll zunutze und bricht sich erst nach mehreren Anläufen die Bahn nach F-dur. Böhmische Einflüsse sind vorhanden, vor allem in Rhythmus und Harmonie, wirken aber gebändigt durch eine gewisse brahmsnahe Färbung und eine eigenständige und neue Themenbildung. Der folkloristische Ton ist nicht mehr zentrales Anliegen Dvoráks. Nicht zuletzt der Klaviersatz mahnt an den verehrten Mentor. Das Werk entstand im Februar/März 1883, kurz nach dem Tod von Dvoráks Mutter. Wie in einem andern f-moll-Werk, das in dieser Saison zu hören war (Mendelssohns Streichquartett op. 80), mag auch hier der Todesfall auf die Stimmung eingewirkt haben. Das Werk war dem Komponisten so wichtig, dass er es bis zur Uraufführung im Oktober 1883, bei der er selber als Geiger mitwirkte, laufend überarbeitete.
rs