Konzerte Saison 1998-1999

  • 9.3.1999
  • 20:15
  • 73.Saison
  • Zyklus B
Stadtcasino, Hans Huber-Saal

Christiane Oelze, Sopran | Irwin Gage, Klavier

Christiane Oelze stammt aus Köln; hier hat sie 1984–1989 bei Klesie Kelly-Moog auch studiert. Weitere Studien und Meisterkurse absolvierte sie bei Elisabeth Schwarzkopf und Hartmut Höll. 1987 war sie Preisträgerin des Hugo Wolf-Wettbewerbs; 1991 debütierte sie bei den Salzburger Festspielen als Konstanze in Mozarts Entführung. Diese Rolle hat sie auch in Zürich unter Harnoncourt gesungen. In ihr Opernrepertoire gehören zudem die Mozartpartien Despina, Pamina, Zerlina, weiter Gretel, Regina (Mathis der Maler), Zdenka (Arabella), Ännchen (Freischütz); geplant sind die Mélisande und die Figaro-Gräfin in Glyndebourne. Daneben ist Christiane Oelze als gefragte Konzertsängerin unter den namhaften Dirigenten (Boulez, Gardiner, Giulini, Marriner, Masur, Muti, Norrington, Ozawa u.a.m.) aufgetreten. Als Liedsängerin ist die Sängerin regelmässig Gast der wichtigsten Festivals.

Irwin Gage darf als einer der grössten Kenner des Liedes und der bedeutendsten Liedbegleiter unserer Zeit gelten. Er wurde als Sohn eines ungarischen Vaters und einer russischen Mutter in Cleveland/Ohio geboren und studierte Klavier, Musikwissenschaft und Literatur. Sein besonderes Interesse für das Lied führte ihn nach Wien, u.a. zu Erik Werba. Das französische Repertoire erarbeitete er mit Pierre Bernac in Paris. Obwohl Gage immer wieder als Solist auftritt, gilt sein Hauptinteresse der Liedbegleitung. So war er Begleiter bedeutender Liedsängerinnen und -sänger wie Fischer-Dieskau, Schreier, Brigitte Fassbaender, Gundula Janowitz, Jessye Norman. Besonders wichtig ist ihm die Zusammenarbeit mit jungen Künstlern. Gerade hier sind in letzter Zeit erfreulich viele meisterliche Talente aufgetaucht (u.a. Kurt Streit, Roman Trekel, Matthias Goerne, Dietrich Henschel, Juliane Banse, Christine Schäfer, Cornelia Kallisch und eben Christiane Oelze). Gage hat nicht unwesentlichen Anteil an ihrer Entwicklung. Für seine Leistungen ist er mehrfach mit Preisen ausgezeichnet worden.

Der letzte Liederabend im Rahmen der «Kammermusik» fand am 4. April 1945 statt (Elsa Cavelti, Eduard Henneberger).

Schubert hat 57 Goethe-Gedichte vertont, einige davon, so Gesänge aus Wilhelm Meister mehrfach: So lasst mich scheinen dreimal, Nur wer die Sehnsucht kennt sogar sechsmal. Zyklisch, vergleichbar den Gesängen des Harfners D 478 (2 Fassungen, 1816 bzw. 1822), hat Schubert drei Mignon-Lieder unter der Opuszahl 62 (D 877) bearbeitet. Dabei liegen zwei alternative Vertonungen von Nur wer die Sehnsucht kennt vor, eine als Duett Mignon-Harfner (op. 62/1), eine als Sololied. Wenn Schubert die Tonarten des Zyklus D 877 (e-moll, a-moll, H-dur) bewusst aufeinander bezogen hat, so war ihm wohl wichtig, nicht irgend eine bereits früher komponierte Variante als Sololied in die im März 1827 erschienene Ausgabe aufzunehmen, sondern eine passende Vertonung. Die Komposition des textlich zugehörigen Kennst du das Land erfolgte, wie auch die erste Vertonung von Nur wer die Sehnsucht kennt (D 310), über zehn Jahre zuvor und verrät noch den Einfluss von Beethovens genialer Vertonung (op. 75, 1809). Warum aber Schubert gerade diesen Text später nicht noch einmal vertont hat, um ihn den drei Liedern D 877 beizufügen, ist unbekannt. Als Opus 1 hat Schubert 1821 den Erlkönig veröffentlicht; als op. 2 liess er das nicht weniger eindrucksvolle, die innere Unruhe im Spinnraddrehen malende Gretchen-Lied folgen, das vor dem Erlkönig am 19. Oktober 1814 entstanden war. Beide Vertonungen gehörten zu jenem Liederheft, das Spaun und Schubert im April 1816 an Goethe sandten – und nie eine Antwort erhielten. Zarte Schwärmerei und Liebesbegeisterung mit erhabener Schlusssteigerung haben Ganymed zu einem der beliebtesten Schubert-Lieder werden lassen – es ist auch eines der grossartigsten.

Das Liedschaffen vieler französischer Komponisten, speziell das der hier aufgeführten, ist uns nicht vertraut. So nimmt man erstaunt zur Kenntnis, dass sie nicht nur Instrumentalwerke, Opern oder Oratorien komponiert haben, sondern auch Lieder. Der früh verstorbene Bizet hat immerhin rund 40 Lieder geschrieben, in denen seine Qualitäten als Melodiker aufscheinen. Saint-Saëns überzeugt wie in den Instrumentalwerken durch Noblesse und Eleganz. Unter den Vokalkompositionen des Deutsch-Wallonen Franck, hauptamtlich Organist, finden sich neben religiösen Werken und (glücklosen) Opern auch Chöre und Lieder. Das wohl letzte, Nocturne, stammt aus Francks reifster Schaffenszeit.

Aus dem reichen Liedschaffen von Strauss mit über 150 Vertonungen hört man meist nur wenige, nicht selten in Orchesterfassungen. Strauss hat das Lied aus dem intimen Rahmen Schuberts oder Schumanns in den spätbürgerlichen Konzertsaal vor ein grosses Publikum versetzt und dafür einen neuen Liedtypus geschaffen. Gleichwohl ist auch er ein Meister der Intimität, wenn auch, deutlich erkennbar in der Dichterwahl, im Stil des Fin de siècle. Der Grossteil seiner Lieder ist vor der Salome (1903–05) entstanden und bildet die Brücke von der Instrumentalmusik zur Oper. Empfindsamkeit eignet den Mädchenblumen Dahns, bei deren Tändelei man dem Verfasser von Ein Kampf um Rom begegnet. Die beiden späten Liedergruppen Opus 68 und 69 sind den großen Romantikern, Achim von Arnim, Clemens von Brentano und Heinrich Heine, gewidmet.

rs