Das Quatuor wird von zwei kurzen Stücken der französischen Moderne gerahmt. Die aus Paris stammende Betsy Jolas ist unseren Konzertbesuchern bereits durch das Streichtrio «Les heures», das am 17.12.1991 zur Aufführung gelangte, bekannt. Sie war Schülerin von Milhaud und Messiaen und darf als die führende Komponistin Frankreichs der Gegenwart gelten. Sie hat viele Preise erhalten, Opern (u.a. Schliemann, 1989) und vor allem Kammermusik geschrieben.
Der Musik aus dem Frankreich des 20. Jahrhunderts stehen zwei wohlbekannte Meisterwerke Mozarts gegenüber. Sie bilden im Charakter durchaus auch unter sich ein Gegensatzpaar. Einerseits das wohl charakteristischste unter Mozarts Quartetten: Die Tonart d-moll gibt Mozart immer Anlass zu besonderer Intensität, so auch hier. Im Sotto voce-Einsatz wird zuerst die Erregung zurückgedrängt, doch kommt sie bald im Forte zum Ausbruch, und auch die Bewegung steigert sich ständig. Die Schönheit des Andante bringt Beruhigung; es ist aber kleingliedrig und von Pausen durchbrochen. Die Schroffheit des Menuetts kippt im Trio in fast unwirkliche Eleganz und Leichtigkeit, so als hätten wir es mit einer Serenade zu tun. Das Finale orientiert sich zwar an Haydns Finalthema aus op. 33/5, aber Mozarts d-moll ist weit entfernt von Haydns G-dur-Leichtigkeit. Dass auch Mozart das Leichtere, Freundliche beherrscht, zeigt das B-dur-Quartett. Und doch wird die Jagdmotivik im Kopfsatz nicht überbetont. Im Menuett verbinden sich die Ernsthaftigkeit der melodischen Linie im knapperen Hauptteil und tänzerische Heiterkeit imTrio. Zentrum des Werks ist mit seiner Intensität das Adagio, bevor das Finale an die heitere Grundstimmung des Kopfsatzes anknüpft. Auch dieser Satz ist eine Reverenz an Haydn. Mozart hatte den Satz zuerst imitatorisch kanonhaft beginnen wollen, um ihn dann von jeder spürbaren „schweisstreibenden Arbeit“ zu befreien. Vielleicht ist es das, was er mit der lunga e laboriosa fatica meinte: So lange feilen, bis das Schwere nicht mehr spürbar ist.
rs