Alberto Ginastera stammte aus Buenos Aires; die letzten Jahre seines Lebens verbrachte er in Genf. In seinem Schaffen scheint er den Kontrast der argentinischen Pampas und der kultivierten Urbanität zu verarbeiten. Seine erste Schaffensperiode, die er später mit «objektivem Nationalismus» umschrieb, beruhte daher auf Melodik und Harmonik der argentinischen Volksmusik. Am Beginn der zweiten Periode eines subjektiven Nationalismus steht das 1. Streichquartett. Hier arbeitet Ginastera mit einer Achtton-Tonleiter, in der Halb- und Ganztöne abwechseln. Daraus leitet er Akkorde und Melodien ab, die strukturell zusammenhängen. Ein typisches Merkmal ist eine Art flamenco-nahen Klangs der Gitarre, der auch im Harmonischen genutzt wird. Motorische Energie, ein Merkmal von Ginasteras Stil, bestimmt den Kopfsatz und das Scherzo, das an den Malambo, einen Wettanz zwischen zwei Männern, erinnert. Der langsame Satz, eine freie Rhapsodie, lässt die Gitarrenharmonik anklingen. Auch ins Finale, einem auf zwei Themen beruhenden Rondo, spielt sie hinein.
«Das zweyte der drey grossen Violinquartetten von Beethoven aus E moll kam nun an die Reihe. Wer diese Composition kennt, muss eine gute Meinung von einem Publikum bekommen, dem man wagt, so etwas bedeutendes, aber doch unpopulaires vorzutragen. Mit merkwürdiger Stille lauschte alles denen, oft etwas bizarren Tönen, was nur eine so gelungene Aufführung bewirken konnte.» Solches stand anno 1821 in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung Leipzig zu lesen, 16 Jahre nach der Entstehung des Werks. Schon 1807 wurden die Quartette des op. 59 am selben Ort als «tief gedacht und trefflich gearbeitet, aber nicht allgemeinfasslich» beurteilt. Was damit gemeint ist, erfahren wir, wenn wir diesen 6/8-Kopfsatz mit dem aus dem Haydn-Quartett vergleichen: Hier «liegt über allem der Ausdruck einer ziemlichen Finsternis. Seine Thematik ist versponnen, introvertiert und merkwürdig wenig fasslich im melodiösen Sinn» (L. Finscher).
rs