Konzerte Saison 1995-1996

  • 12.3.1996
  • 20:15
  • 70.Saison
  • Zyklus A
Stadtcasino, Festsaal

Vermeer Quartet (Chicago)

Seit seiner Gründung im Jahre 1969 im Rahmen des Marlboro Festival und nach seiner ersten Europatournee von 1972/73 ist das Vermeer Quartett zu einer der namhaftesten Quartettformationen geworden. Regelmässig ist es Gast in unseren Konzerten, heute zum zehnten Mal. Sein Repertoire umfasst neben den Standardwerken auch weniger Bekanntes wie eben Bridge, Zeitgenössisches oder Amerikanisches: Elliott Carters 1. Quartett stand vor zwei Jahren auf dem Programm.
Das Londoner Publikum, welches Haydns D-dur-Quartett op. 64/5 in einem Konzert Salomons der Saison 1791 zu hören bekam, hat in der nach sieben Takten staccato-Vorspann der übrigen Instrumente einsetzenden Melodie der 1. Violine den Gesang einer Lerche gehört, was dem Quartett den Beinamen «The Lark» bescherte. Da sich dieses Thema kaum verarbeiten lässt, kehrt es im ganzen Satz weitgehend unverändert wieder und hat dadurch einen besonderen Erkennungs- und Beliebtheitswert. Die thematische Arbeit übernehmen stattdessen Triolenfiguren. Ein sangliches Thema der 1. Violine bestimmt das Adagio in A-dur in dreiteiliger Liedform (A – B – A’). Bereits der A-Teil ist in drei Abschnitte gegliedert; der B-Teil steht in a-moll. Das Menuet (wie Haydn jetzt wieder schreibt) ist, was insbesondere den Vorschlagsnoten zuzuschreiben ist, einem Scherzo angenähert. Am Beginn des Trios in d-moll nimmt die 2. Geige eine Tonreihe des Menuett-Themas auf, die im Bass auch dessen Schluss gebildet hatte. Das Finale kann man als Perpetuum mobile charakterisieren. Die Sechzehntelfigurationen, von der 1. Violine eingeführt und im ganzen ersten Abschnitt von ihr gespielt, werden ausser einmal nie unterbrochen. Wo sie nicht die 1. Geige ausführt, übernehmen die anderen Instrumente. Und die Ausnahme? Kurz vor Schluss unterbrechen Achtelakkorde in zweieinhalb Takten die Bewegung. 1801 erwähnte ein Bericht «eines der schwierigsten Stücke unter den neueren Quartetten von Joseph Haydn, das die grössten Geiger Wiens kaum meistern können». Damit war höchstwahrscheinlich dieses Finale gemeint.
Janáčeks Kammermusik ist, wie die Smetanas, von persönlichem Erleben geprägt. Während er im 2. Quartett das eigene Liebeserlebnis verarbeitet, verwandelt er im ersten eine literarische Liebestragödie in ein subjektives Bekenntniswerk. Die Erregung über Tolstojs Schilderung hatte ihn bereits 1909 zu einem Klaviertrio angeregt, das er vernichtet hat, das unterdessen aber in einer Rekonstruktion vorliegt. «Aus einigen Gedanken daraus entstand das Quartett», schrieb er an Kamila Stösslová, die ihrerseits fünf Jahre später Anlass zum 2. Quartett wurde. Der 1. Satz ist ein Porträt der Frau, der 2. schildert ihr verhängnisvolles Zusammentreffen mit dem Geiger, der 3. enthüllt mit drastischer Deutlichkeit den Widerspruch zwischen der echten Liebe der Frau und der Eifersucht des Mannes, und der 4. Satz vereinigt die Katastrophe mit der Katharsis (nach D. Holland).

Joseph Haydn 1732-1809

Streichquartett Nr. 67, D-dur, op. 64, Nr. 5, Hob. III:63 «Lerchenquartett» (1790)
Allegro moderato
Adagio (cantabile)
Menuet: Allegretto – Trio
Finale: Vivace

Leoš Janácek 1854-1928

Streichquartett Nr. 1, e-moll «Kreutzer-Sonate» (1923)
Adagio – Con moto
Con moto
Con moto – Vivace – Andante
Con moto – Adagio

Elliott Carter 1908-2012

Streichquartett Nr. 1 (1951)
Fantasia. Maestoso
Allegro scorrevole
Variations