Konzerte Saison 2024-2025

  • 14.1.2025
  • 19:30
  • 99.Saison
  • Abo 8
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Mit Unterstützung eines privaten Gönners

Atenea Quartet (Basel)

Haydns Quartette op. 76 und 77, 1797 bzw. 1799, sieben und neun Jahre nach Mozarts letzten Beiträgen zur Gattung entstanden, bilden den End- und Höhepunkt der Streichquartettkomposition des 18. Jahrhunderts. Das Opus 76, die letzte Sechserserie Haydns, enthält bedeutende Stücke, ob sie nun einen Namen tragen wie das Quinten-, Kaiser- oder Sonnenaufgang-Quartett oder nicht. Die Nr. 1 ist eines der schönsten und beliebtesten, obwohl es (sieht man von der Bezeichnung Erdödy-Quartette nach dem Widmungsträger Graf Joseph Erdödy für das ganze Opus ab) beinamenlos ist. Es ist dicht und konsequent gearbeitet, und doch lockern kantable und heitere Momente die ernsthaften Partien auf. Als einziges dieser Spätwerke weist es eine – wenn auch knappe – Einleitung auf: drei Forteakkorde. Nach diesem zweitaktigen «Vorhang auf-Motiv» setzt das Thema ein, doch nicht in der ersten Violine, sondern es wird, in g-moll mit dem Cello beginnend, fugenartig auf alle Instrumente verteilt. Die Fugenform wird nicht weitergeführt; eine volkstümliche Melodie bringt ein Seitensatzthema ins Spiel, so dass doch noch ein Sonatensatz zustande kommt. Das mozartnahe Adagio in C-dur, wohl einer der schönsten langsamen Sätze Haydns, verbindet Kantabilität und konzertantes Prinzip. Das Presto-Menuett kann man als Haydns erstes Scherzo im beethovenschen Sinne bezeichnen; das Trio setzt als Kontrast auf ländlerartige, oberstimmenbetonte Volkstümlichkeit. Das Finale, ein Sonatensatz, ist das längste Finale in diesem Opus und wohl auch in Haydns ganzem Quartettschaffen. Es beginnt fortissimo und unisono düster in g-moll, nimmt dann lieblichere Formen an und endet in geradezu gassenhauerhafter Heiterkeit.

Bartóks knappstes, konzentriertestes Quartett war damals das kühnste seiner Werke und durfte als repräsentativ für moderne Musik gelten, selbst im Vergleich mit den Werken des Schönberg-Kreises. Adorno hielt es damals für «fraglos die beste von des Ungarn bisherigen Arbeiten» und bewunderte die «Formkraft des Stückes, die stählerne Konzentration, die ganz originale, aufs genaueste Bartóks aktueller Lage angemessene Tektonik». Die Recapitulazione bildet die Reprise des 1. Satzes, die Coda nimmt, ebenfalls reprisenhaft, Material der Seconda parte wieder auf. Dies ergibt eine ungeheure Geschlossenheit. Dazu kommt, dass die Motive auf zwei oder drei beschränkt sind; aus ihnen wird das gesamte Material des ganzen Werkes abgeleitet. Neu ist vor allem die Lösung von romantischen und vordergründig folkloristischen Anklängen und besonders die in ihren harmonischen Schärfen und in der kontrapunktischen Kompromisslosigkeit noch nie gehörten, dem Streicherklang bisher fremden Farben.
Im Februar und März 1824 war Schubert in einer Art Schaffensrausch «unmenschlich fleissig» (Schwind). Neben dem am 1. März beendeten Oktett kündigt er drei Streichquartette an. Nur das a-moll-Quartett erlebt am 24. März seine Uraufführung und erscheint im Druck. Doch auch das d-moll-Werk muss damals entstanden sein, wird aber erst 1826 geprobt (Schubert nimmt dabei noch Korrekturen vor) und am 1. Februar erstmals aufgeführt. Hat Schubert das düstere Werk – alle vier Sätze stehen in Moll – wegen seiner Kühnheit zurückbehalten? Denn was er im Harmonischen und mehr noch im Ausdruck erreicht, ist selbst im Vergleich mit Beethovens Spätwerk neuartig. Schon in der Wahl der Variationenvorlage ist Todesnähe erkennbar. Das Todesmotiv tritt in Verbindung mit dem für Schubert so typischen Wanderrhythmus des Daktylus: lang-kurz-kurz. Der Tod kommt als Wanderer, Verkörperung von Fremdsein und Ausgeschlossensein (Denken wir an den wandernden Müllerburschen und an den Wanderer der Winterreise!), daher. Im Lied sanft und friedlich (Bin Freund und komme nicht zu strafen...), lange nicht so traurig wie der Leiermann am Ende der Winterreise, zeigen einige Variationen seine gewalttätige Macht. Noch gewaltsamer ist sein Auftritt in der Reiterhektik des Finale, wo plötzlich des Knaben Frage Siehst Vater du den Erlkönig nicht? aufscheint. So endet das Quartett in einer Art Totentanz und erreicht eine existenzielle Ausdruckskraft, die um 1824/26 ebenso schauerlich wirken musste wie die Lieder der Winterreise.

Joseph Haydn 1732-1809

Streichquartett Nr. 75, G-dur, op. 76, Nr. 1, Hob. III:75 (1797)
Allegro con spirito
Adagio sostenuto
Menuetto: Presto – Trio
Finale: Allegro ma non troppo

Béla Bartók 1881-1945

Streichquartett Nr. 3, Sz 85 (1927)
Prima parte: Moderato –
Seconda parte: Allegro –
Recapitulazione della 1a parte: Moderato
Coda: Allegro molto

Franz Schubert 1797-1828

Streichquartett Nr. 14, d-moll, op. post., D 810 «Der Tod und das Mädchen» (1824/26)
Allegro
Andante con moto
Scherzo: Allegro – Trio
Presto