Benjamins Brittens «Three Divertimenti» für Streichquartett entstanden zwischen 1933 und 1936. Der 22-jährige Britten konzipierte sie zunächst als Teil einer geplanten Suite von fünf kurzen Stücken mit dem Titel «Alla quartetto serioso: ‘Go play, boy, play’» (ein Zitat aus Shakespeares «Winter Tale»), wobei jedes Stück einen Studienkameraden Brittens porträtieren sollte. 1936 überarbeitete er drei der Stücke und fasste sie als «March», «Waltz» und «Burlesque» unter dem Titel «Three Divertimenti» zusammen. Nach der Uraufführung durch das Stratton Quartet am 25. Februar 1936 blieben sie, angeblich wegen der eher kühlen Reaktion des Publikums, zunächst unveröffentlicht und wurden bis 1982 nicht mehr aufgeführt. In jüngerer Zeit haben die attraktiven und wirkungsvollen Stücke, die in den rhythmisch bewegten Stücken «March» und «Burlesque» nebst milden Modernismen wie Glissandi und Flageolettspiel Einflüsse von Bartók und Strawinsky erkennen lassen, vermehrt Eingang in Konzertprogramme gefunden.
Beethoven schrieb im Auftrag des russischen Fürsten Galitzin das B-dur-Quartett op. 130 als drittes nach op. 127 und 132, hat aber im Gegensatz zum op. 59 für den Grafen Rasumowsky keinen Bezug zu russischer Musik gesucht. Mit den Opera 131 und 132 bildet es eine weitere Trias, nicht nur was die Kühnheit betrifft: Sie sind durch ein wandelbares, von einem steigenden und fallenden Intervall gebildeten Viertonmotiv verbunden. Im B-dur-Quartett tritt es am deutlichsten mit zwei kleinen Sekundschritten (G – Gis – f – e) als Beginn des ersten Fugenthemas auf. In den drei Werken wird zudem die Vierzahl der Sätze überschritten. Opus 130 umfasst deren sechs (op. 132 hat fünf, op. 131 sieben), denn Beethoven verdoppelt in komplementärer Weise den Tanzsatz (scherzohaftes Presto und beschwingt heitere Danza tedesca, die kürzesten Sätze) sowie den langsamen Satz: leichtes (Spielanweisung: poco scherzando), doch höchst kunstvolles Andante und tiefsinnig-expressive Cavatina. Der Kopfsatz mit langsamer Einleitung entspricht äusserlich der üblichen Satzform, greift aber mehrfach den Adagio-Teil wieder auf. Ein Fugenfinale – man denke an Haydns op. 20 oder an Beethovens eigenes op. 59/3 – ist nichts Ungewöhnliches. Auch dass bei beiden Auftragsserien, dem op. 59 für Rasumowsky und der neuen Galitzins, eine Fuge das letzte der jeweils drei Quartette beschliesst, ist kaum Zufall. Aber da ist diese Grosse Fuge! Sie irritierte bei der ersten Aufführung durch das Schuppanzigh-Quartett am 21. März 1826 am meisten. Beethoven hat im November 1826 auf Wunsch des Verlegers Artaria die als tantôt libre, tantôt recherchée bezeichnete Grande Fugue durch ein konventionelleres Allegro in Sonatenform, seine letzte Komposition, ersetzt und die Fuge gesondert dem Erzherzog Rudolf, dem Widmungsträger vieler ungewöhnlicher Werke, zugeeignet. Was macht das Aussergewöhnliche aus? Zunächst die Länge. Zusammen mit der das Thema in vier Varianten exponierenden Overtura dauert es eine gute Viertelstunde und ist einer der längsten Quartettsätze Beethovens. Zudem handelt es sich nicht um eine Fuge oder Doppelfuge, sondern um eine Reihe von Einzelfugen, welche in ihrer Abfolge eine Art freier Sonatensatzform ergeben. Die «Exposition» (rund 200 Takte) umfasst zwei Doppelfugen in B-dur und Ges-dur; die erste beginnt mit der extremen, sprunghaften Form der vierten Themenvariante. Hinzu kommt die Art der Themen. Sie sind zwar gut zu erkennen: Variante 1 etwa an ihren Sekundschritten, Variante 4 an ihren Dezimensprüngen und dem punktierten Rhythmus. Doch ihre «moderne», nicht unbedingt melodiöse Gestalt und das ständige Ineinanderübergehen von Varianten und Verarbeitungen machen ein Verfolgen des Ablaufs schwierig. Dazu kommen harmonische Kühnheiten und klangliche Extreme, nicht nur im Dynamischen. Beethoven äusserte einmal: «Eine Fuge zu machen ist keine Kunst. Aber die Phantasie will auch ihr Recht behaupten, heut’ zu Tage muss in die althergebrachte Form ein anderes, ein wirklich poetisches Element kommen.» Die Auffassung Beethovens vom «poetischen Element» und die der ersten Hörer der Grossen Fuge war aber wohl doch verschieden – ja, es soll sogar heute noch Hörer geben, welche von diesem Stück schockiert sind.