Konzerte Saison 2023-2024

  • 21.11.2023
  • 19:30
  • 98.Saison
  • Abo 8
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Jerusalem Quartet (Jerusalem)

Das Jerusalem Quartet, 1993 in Jerusalem gegründet, machte sich im internationalen Musikleben rasch einen Namen: es gewann 1996 den ersten Preis für Kammermusik der Jerusalem Academy und 1997 einen Doppelpreis beim internationalen Wettbewerb von Graz, wo es mit Werken von Kurtág und Bartók glänzte. Von 1999 bis 2001 wurde das Quartett von der BBC gefördert (BBC New Generation Artists) und erhielt 2003 den erstmals verliehenen Borletti-Buitoni Trust Award. Inzwischen ist das Jerusalem Quartet eine feste Grösse des europäischen und amerikanischen Musiklebens geworden und gastierte in der Londoner Wigmore Hall, im Concertgebouw Amsterdam, in Berlin, Dortmund und Köln, ebenso in Brüssel, Paris, München, Luxemburg, Genf, Chicago, New York und Washington, dazu in Australien und Japan. Es nahm an den Vancouver Recital Series, am Verbier Festival und an der Schubertiade Schwarzenberg teil. 2007 gab das Quartett Konzerte in Australien und Japan. Von 2006 bis 2009 war es Quartet-in-Residence im Rahmen der australischen Organisation Musica Viva. Das Jerusalem Quartet arbeitet regelmässig mit Mitsuko Uchida, Jessye Norman, Daniel Barenboim, Tabea Zimmermann, Natalia Gutman, Boris Pergamenschikow und mit dem Vermeer und Pražák Quartett und vielen anderen Künstlern zusammen. Seine Aufnahmen, exklusiv für harmonia mundi, wurden mehrfach mit internationalen Preise ausgezeichnet, darunter Quartette von Haydn, Schubert, Mozart und Schostakowitsch. Gerühmt wurde auch die letzte CD-Aufnahme: Schumanns Klavierquintett und -quartett mit Alexander Melnikov. In dieser Saison spielt das Jerusalem Quartet neben anderen Programmen mehrmals den ganzen Schostakowitsch-Zyklus, u. a. in Tel Aviv, Mexico City, New York (Lincoln Center) und Madrid.
Vergleichbar mit Mendelssohn am Beginn der Romantik steht an deren Ende mit Korngold ein weiteres Komponisten-Wunderkind. Er war der zweite Sohn des Juristen und Musik(wissenschaftl)ers Julius Korngold, der seit 1901 als Nachfolger Eduard Hanslicks der renommierte und gefürchtete Kritiker der Neuen Freien Presse war. Er bestimmte in Wien, welche Musik gut sein durfte und welche nicht. Korngold junior feierte mit Aufführungen des Balletts «Der Schneemann» (1910) und der Oper «Violanta» (1914) an der Wiener Hofoper Riesenerfolge. Mahler («Ein Genie! Ein Genie!»), Strauss und Puccini bewunderten ihn. Sein Stil, eine üppige Klanglichkeit mit fortschrittlichen Elementen, ist eine Mischung von Spätestromantik, Modernismen und (Wiener) Jugendstil. Grosse Sensation machte 1920 die Oper «Die tote Stadt», die derzeit am Theater Basel gespielt wird. In den Zwanzigerjahren begann dieser Ruhm zu verblassen. Korngold komponierte einiges an Kammermusik – als Erholung von den grösseren Besetzungen. Die drei Streichquartette sind zwischen 1920 und 1945 jeweils im Abstand von gut zehn Jahren entstanden, das zweite im Sommer 1933 in Gmunden am Traunsee. Im Vergleich zum 1. Quartett (1920-23) mit seiner kühnen Harmonik wirkt es eher verhaltener und zeigt gelegentlich wienerische Melancholie. Im Kopfsatz von klassischer Form stehen sich ein Agitato und ein ruhigeres synkopiertes Thema gegenüber. Heiteres fehlt nicht, wie das humorvolle kurze Intermezzo mit populären Floskeln und rhythmischen Überraschungen beweist. Geheimnisvoll unbestimmt beginnt das Larghetto mit Flageolettklängen, auf die eine klagende Melodie in harmonisch reicher Klanglichkeit folgt. Als wollte er diese Stimmung wegwischen, lässt Korngold, der sich intensiv mit Musik von Johann Strauss auseinandergesetzt hat, als Finale einen Wiener Walzer erklingen, der mehrfach variiert mit ständigen Tempowechseln aufwartet. Ob es die richtige Musik für die Zeit war? Wie bereits das 1., Arnold Rosé gewidmete Streichquartett wurde das zweite vom Rosé-Quartett in Wien uraufgeführt, und zwar am 16. März 1934. Im selben Jahr fuhr Korngold auf Einladung von Max Reinhardt erstmals nach Amerika, um Mendelssohns Sommernachtstraum-Musik für dessen Hollywood-Film zu bearbeiten. Filmmusik brachte ihm grosse Erfolge (Oscars 1936 und 1938). 1938 siedelte er nach Hitlers «Anschluss» Österreichs definitiv nach Amerika über und wurde amerikanischer Staatsbürger.
Das Opus 59 ist offensichtlich als Zyklus konzipiert. Zu dessen für das damalige Publikum schwierigen Zügen hat sicher der sinfonische Tonfall beigetragen, zu dem, angeregt durch die Qualitäten des Schuppanzigh-Quartetts, weitere Elemente wie spieltechnische Ansprüche, die Harmonik und die Rhythmik hinzutreten. Im Gegensatz zum F-dur-Quartett (Nr. 1) bleibt das zweite der Rasumowsky-Quartette stärker der Tradition verpflichtet. Es wirkt wie die Antithese zum kühnen ersten – das dritte in C-dur würde dann die Synthese bilden. Auf den düsteren Kopfsatz, einen Vorgriff auf op. 95 in f-moll, folgt ein zunächst scheinbar lichter Adagio-Choral – Czerny berichtet, er sei Beethoven beim Anblick des Sternenhimmels eingefallen. Durch Beifügen von Gegenstimmen und rhythmischen Kontrapunkten löst sich der Choral-Charakter immer mehr auf. Im fünfteiligen rhythmisch pointierten Scherzo fällt im Trio das aus Mussorgskys Boris Godunow bekannte Thème russe ins Ohr. Beethoven fand es in einer Sammlung russischer Volkslieder von Iwan Pratsch, die erstmals 1790 in St. Petersburg erschienen war. Das Finale weist, nicht nur mit dem Beginn in C-dur, auf das dritte Quartett, die Synthese des Opus, voraus.

Erich Wolfgang Korngold 1897-1957

Streichquartett Nr. 2, Es-dur, op. 26 (1933)
Allegro
Intermezzo
Larghetto
Waltz

Paul Ben-Haim 1897-1984

Streichquartett Nr. 1, op. 21 (1937)
Con moto sereno
Molto vivace
Largo e molto sostenuto
Rondo – Finale (Allegretto commodo)

Ludwig van Beethoven 1770-1827

Streichquartett Nr. 8, e-moll, op. 59, Nr. 2 «2. Rasumovsky-Quartett» (1806)
Allegro
Molto adagio
Allegretto - Maggiore (Thème russe)
Finale: Presto