Konzerte Saison 2023-2024

  • 31.10.2023
  • 19:30
  • 98.Saison
  • Abo 8
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Kuss Quartett (Berlin)

Das Kuss Quartett setzt seit vielen Jahren neue Maßstäbe mit einer anspruchsvollen konzeptionellen Programmgestaltung. Ziel und Ideal ist es, sowohl dem traditionellen Publikum als auch neuen Hörern einmalige Erlebnisse zu bieten. Die Primaria Jana Kuss und Oliver Wille als zweiter Geiger spielen seit über 30 Jahren Seite an Seite – zusammen mit ihren langjährigen Kollegen William Coleman und Mikayel Hakhnazaryan suchen sie mit Neugierde nach der Bestätigung des ewigen „Muss es sein“ des Streichquartettspiels.

Das Kuss Quartett hat mit Hilfe einer Konzeptionsförderung des Landes Niedersachsen/ Musik 21 in den vergangenen zehn Jahren neue Werke in Auftrag gegeben, so wuchs das Repertoire für Streichquartett mit Kompositionen von Enno Poppe, Aribert Reimann, Manfred Trojahn, Bruno Mantovani, Iris ter Schiphorst, Johannes Fischer und Mark Andre. Kooperationspartner dabei waren unter anderem Concertgebouw und Muziekgebouw Amsterdam, Paris Biennale, Wigmore Hall London und Suntory Hall Tokio. In der Saison 2023/24 wird das Werk „Codices“ von Francisco Coll in Basel uraufgeführt und in Amsterdam, Berlin und Hannover zu hören sein.

Die musikalischen Partner, mit denen das Kuss Quartett sich gern und immer wieder zusammenfindet, sind Miklós Perényi, Dénes Várjon, Pierre-Laurent Aimard, Sarah Maria-Sun, Maurice Steger, Johannes Fischer und viele mehr.

In 2019 erhielt das Ensemble als erstes Streichquartett aus Deutschland das legendäre „Paganini-Quartett“ von Stradivari als Leihgabe von der Nippon Music Foundation. Auf diesen Instrumenten spielte das Quartett im Juni 2019 auf Einladung der Suntory Hall Tokio Beethovens kompletten Streichquartettzyklus, die dort entstandene Live-Aufnahme erschien im Frühjahr 2020 bei dem britischen Label Rubicon Classics mit Unterstützung des G. Henle Verlags. „Eine der interessantesten Gesamtaufnahmen der immer unglaublichen (Beethoven) Streichquartette, die stets erschreckend neu und wie gerade erfunden wirken, wenn sie ein hervorragendes Ensemble zu spielen versteht…“(Süddeutsche Zeitung)

Das genreübergreifende Beethoven-Programm „Force and Freedom“ wurde zusammen mit der Regisseurin Nicola Hümpel und ihrem Musik- und Tanztheater „Nico and The Navigators“ entwickelt. Die Uraufführung fand pandemiebedingt erst im November 2021 im Konzerthaus Dortmund statt und war 2022 bei den Schwetzinger Festspielen und im Radialsystem Berlin zu erleben. ARTE TV hat die Produktion als Musikfilm festgehalten.

Ein weiteres sehr ungewöhnliches Projekt heisst „KUSS@KOKON“. Hierbei hat ein Künstlerkollektiv bestehend aus den Tänzern Yui Kawaguchi und Ruben Reniers, dem Schlagzeuger Johannes Fischer und Slam Poetrist Bas Böttcher, die gemeinsam mit dem Kuss Quartett während der Corona-Pandemie und mithilfe des „Reload“-Stipendiums der Kulturstiftung des Bundes neue Konzert-Module entwickelt, welche hemmungslos die jeweiligen Kunstbereiche aufbrechen und zu neuen Formen erweitern.

Das Konzeptalbum „KRISE“ erschien im Januar 2023 und beleuchtete das Titelthema aus verschiedenen Perspektiven mit bekanntem Quartettrepertoire und eigens dafür komponierten Auftragswerken. Das dazugehörige Konzertprogramm „KRISE“ wird in der Saison 23/24 in zahlreichen Konzerten erlebbar sein.

Zu Beginn seiner Karriere wurde das Quartett vom Deutschen Musikrat und beim Borciani-Wettbewerb mit ersten Preisen ausgezeichnet, erhielt einen Borletti-Buitoni Award und war „Rising Star“ der European Concert Hall Organisation.

Bei zahlreichen Meisterkursen inspiriert das Kuss Quartett heute die nächste Generation, zudem sind William Coleman (in Salzburg) und Oliver Wille (in Hannover und Birmingham) Professoren an europäischen Universitäten. Mikayel Hakhnazaryan unterrichtet Kammermusik an der Hochschule in Karlsruhe, Jana Kuss an der Accademia Perosi in Biella (Italien).

Die 1782 begonnene Folge von sechs Quartetten schloss Mozart erst zu Beginn des Jahres 1785 ab: Am 10. Januar trug er das A-dur-Quartett, vier Tage später das Dissonanzen-Quartett in sein Werkverzeichnis ein. Bereits am 15. Januar fand die Aufführung vor Freunden, darunter Haydn, statt. Spätestens zu Beginn des Jahres muss Mozart auch den Plan gefasst haben, die Quartette Haydn zu widmen. KV 464 ist wohl das am feinsten gearbeitete Mozart-Quartett. Die Qualität liegt weniger im Reiz der Themen als in ihrer sorgfältigen Verarbeitung und polyphonen Dichte – darüber liegt typisch mozartsche Anmut. Im lyrischen Kopfsatz setzt die 1. Violine mit dem ersten Motiv ein, bevor alle vier Instrumente mit vier Akkorden darauf reagieren; das ebenfalls zweiteilige zweite Thema besteht aus einem aufsteigenden chromatischen Dreitonmotiv, dem die 1. Geige eine Triolenfolge nachschickt. Daraus entsteht ein höchst dichtes polyphones Stück. Das an zweiter Stelle stehende Menuett beginnt mit einem Unisono-Thema, dem die 1. Geige eine melodische Fortsetzung folgen lässt. Im Trio, in sanglicher Heiterkeit, glänzt zu Beginn des zweiten Teiles die 1. Geige mit eleganten Triolenfolgen. Höhepunkt sind die Variationen des Andante. Das Thema ist kein populäres Lied wie bei Haydn oder Schubert, sondern ein höchst klassisches. Originell ist in der 6. Variation das Ostinato-Motiv des Cellos, als ob eine kleine Trommel den Rhythmus angeben wollte; in der Coda wandert es durch die Instrumente. Kurz vor Schluss tritt das Thema in der 1. Geige verkürzt wieder auf, dann beschliesst das «Trommelmotiv» des Cellos den Satz. Meisterhaft auch das Finale, wiederum ein Sonatensatz. Es beginnt mit einem chromatischen Viertonmotiv, das in Halbtonschritten absteigt und den ganzen kunstvollen Satz bestimmt – und damit endet er auch. Beethoven schätzte dieses Quartett besonders und fertigte eigenhändig eine Kopie des Finale an.
Bartók, lange Zeit ein Meister in der Synthese von Kunst- und Volksmusik, wandte sich im sechsten, vom Komponisten als Gast Paul Sachers in Gstaad im August 1939 begonnenen Quartett von diesem Prinzip ab. Die Zeit verlangte wohl anderes, wie die verschiedenen, stetig wachsenden Abhandlungen derselben Mesto-Musik zu Beginn der vier Sätze zeigen. Obwohl parodistisch-groteske Elemente in den Mittelsätzen nicht fehlen, ist es der Trauerton, der den Charakter des Werks bestimmt. Die Rückkehr zur Viersätzigkeit und zur Tonalität sind äussere Zeichen für den neuen Standort in Bartóks Leben und Schaffen. Das Auskosten des Mesto-Charakters bis hin zum Verstummen bedeutet nicht nur den Schluss von Bartóks Quartettschaffen, sondern auch, was der Komponist nicht wissen konnte, des letzten in Europa geschriebenen Werks.