Konzerte Saison 2022-2023

  • 7.3.2023
  • 19:30
  • 97.Saison
  • Abo 8
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Bennewitz Quartett (Prag)

Das 1998 in Prag gegründete Ensemble, das sich nach dem bedeutenden tschechischen Geiger und Pädagogen Antonín Bennewitz (1833-1926) nennt, erhielt einen Teil seiner Ausbildung in Basel bei Walter Levin. Es studierte hier von 2004 bis 2006 und hat hier später selbst als «Quartet in residence» gelehrt. Zuvor hatten seine Mitglieder von 1998-2002 an der Akademie für Musik und Theater in Prag ihre Ausbildung erhalten. Anschliessend setzten sie ihr Studium an der Escuela Superior de Música Reina Sofía in Madrid bei Rainer Schmidt (Hagen Quartett) fort. Bereits 1999 nahm das Quartett an Interpretationskursen bei Mstislaw Rostropowitsch teil. In den Jahren darauf folgte Unterricht bei Mitgliedern berühmter Quartette (Prager, Bartók, Amadeus, Alban Berg). Seit 1999 gewann es zahlreiche Preise; 2005 folgte der 1. Preis beim Internationalen Kammermusikwettbewerb in Osaka und 2008 mit dem 1. Preis beim renommierten Borciani-Wettbewerb der Höhepunkt. Das Bennewitz Quartett spielt regelmässig auf bedeutenden europäischen und amerikanischen Konzertbühnen und als Gast bei internationalen Festivals. Nach 15 Jahren gab es in der Saison 2012/2013 einen Besetzungswechsel: An der ersten Geige hat Jakub Fišer, der auch Konzertmeister der Prague Philharmonia ist, Jiří Němeček abgelöst. Seine Auffassung des Quartettspiels beschreibt das Quartett so: «Das Quartettspiel bedeutet für uns Kommunikation. Für uns ist es eine Herausforderung, vier unterschiedliche Ansichten zu verbinden und aus ihrer Verschmelzung ein originelles Ergebnis zu gewinnen. Nur auf diese Weise entsteht nämlich Musik mit vielen Farb- und Klangverwandlungen, die sie stets frisch und lebendig machen.»
Dvořáks C-dur-Quartett op. 61 ist eher selten zu hören und wird auch gelegentlich kritisiert. Alec Robertson befindet in seiner Dvořák-Biographie von 1945 (deutsch 1947): «Für das C-dur-Quartett kann man Bewunderung, aber keine Liebe empfinden.» Vielleicht lag es an der Entstehungsgeschichte. Das Quartett war ein Auftrag des Wiener Geigers Joseph Hellmersberger jun. von 1881. Dvořák sah keinen Grund zur Eile, arbeitete er doch gerade an seiner Oper Dimitrij. Da erfuhr er aus der Presse, dass das Hellmersberger-Quartett sein Werk am 15. Dezember in Wien aufführen werde. Er machte sich rasch ans Werk und schrieb das Stück zwischen dem 25. Oktober und 10. November. Das erklärt wohl, warum Dvořák auf frühere, nicht verwendete Sätze zurückgriff. Der Kopfsatz dagegen entstand gleich zweimal; die erste Komposition in F-dur wurde verworfen. Dazu mag ein gewisser Druck gekommen sein, Musik für Wien und Wiener Musiker zu schreiben – wie konnte man da an den Grossen der Wiener Komponisten vorbeikommen? Man hat im Kopfsatz des Quartetts intensive Auseinandersetzung mit dem Beethoven des op. 59 festgestellt, ausserdem im langsamen Satz mit Schubert. So ist es eben kein slawisches Werk geworden, sondern eines auf den Spuren der Wiener Klassik. Dvořák verzichtete bewusst auf den slawischen Tonfall, der das vorangehende op. 51 geprägt und zum Erfolg geführt hatte. So ist der 3. Satz ein reines Scherzo (à la Beethoven) und kein «slawischer Tanz». Einzig im Schlusssatz bringt eine skocna ein böhmisches Element hinein, das befreiend wirkt. Der grandioso-Schluss scheint dann doch wieder mehr sein zu wollen als slawisches Gefühl und Spielfreude. Die Kritik bedauerte den Verzicht auf das Slawische und bewertete das Werk eher ungünstig: Dvořák hatte eben slawisch-natürlich zu komponieren und nicht kunstvoll-gesucht! Er selber war anderer Meinung, nannte er das Werk doch «von meinen Kammermusikstücken das grösste und das vollendetste». – Der Clou der Sache: Wegen des Brandes des Wiener Ringtheaters am 8. Dezember 1881 mit offiziell 384 (oder mehr) Toten hatte Kaiser Franz Joseph Staatstrauer angeordnet; Konzerte durften keine stattfinden. Die Uraufführung erfolgte erst am 2. November 1882 (Veröffentlichung bereits im Februar) durch das Joachim-Quartett – in Berlin! Wie wäre das Quartett herausgekommen, hätte Dvořák dies gewusst? Gut berlinerisch oder doch eher wie das 1879 für Berlin komponierte op. 51 echt böhmisch?