Konzerte Saison 2022-2023

  • 6.12.2022
  • 19:30
  • 97.Saison
  • Abo 8
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Trio Sōra (Paris)

Das 2015 gegründete Trio Sōra ist Preisträger verschiedener internationaler Wettbewerbe (Borletti-Buitoni Trust Fellowship, Hans Gál-Preis, Lauréates HSBC der Akademie des Festivals von Aix-en-Provence, Sonderpreis der Akademie des Verbier Festivals, Parkhouse Award, Charles Oulmont-Preis) und war bereits auf den großen internationalen Bühnen zu Gast wie der Philharmonie de Paris, dem Auditorium du Louvre, der Wigmore Hall und dem Southbank Center in London. Seine erste CD, die Einspielung aller Klaviertrios von Beethoven, wurde in der Presse hoch gelobt (The Strad, les Echos, Gramophone, Deutschlandfunk Kultur) und erlangte Auszeichnungen wie «Choc Classica» 2021 und «Times Best Classical Music Album» des Jahres 2020. Pauline Chenais und Angèle Legasa sind Absolventinnen des Conservatoire de Paris. Seit 2022 ist die österreichische Geigerin Fanny Fheodoroff Teil des Trios, das mit Kammermusikgrössen wie Mathieu Herzog, Menahem Pressler, dem Quatuor Ebène und dem Quatuor Artemis zusammenarbeitet.

Fanny Fheodoroff und Angèle Legasa spielen Instrumente von Omobono Stradivari und Giulio Cesare Gigli, die von der Fondation Boubo-Music zur Verfügung gestellt werden.

Wer sich am Ende des 18. Jahrhunderts als Komponist profilieren wollte, veröffentlichte als erstes Werk eine Serie von Streichquartetten. Bei Beethoven hätte man eher Klaviersonaten erwartet (sie wurden das op. 2), doch trat er – es wirkt wie ein Kompromiss – 1795 mit drei Klaviertrios hervor. Natürlich hatte er zuvor eine beträchtliche Anzahl von Kompositionen geschrieben; das op. 1 war auch nicht sein erster Beitrag zur Gattung Klaviertrio. So verwundert es nicht, dass es reife Werke sind, die der Komponist bewusst zu seinem Opus 1 bestimmt hat. Erstmals erklungen sind sie wohl Ende 1793 bei einer Abendgesellschaft des Widmungsträgers, des Fürsten Lichnowsky, wo sie laut Ries Sensation machten. Auch der anwesende Haydn war beeindruckt, riet allerdings Beethoven, das c-moll-Trio nicht in Druck zu geben – was diesen eher verstimmte. Weshalb Haydn abriet, ist nicht klar. Für den Druck wurden die drei Trios nochmals überarbeitet. Mit seinem op. 1 hat Beethoven (trotz Haydn und Mozart) die Gattung Klaviertrio erst richtig begründet. Er fügte gegenüber Haydn und Mozart an dritter Stelle einen Tanzsatz ein, wie er bei Streichquartetten üblich war. Typisch für Beethoven ist zudem, dass es sich dabei um ein Scherzo und nicht um ein Menuett handelt, obwohl die Bezeichnung noch so lautet. Das Stück in der «Beethoven-Tonart» c-moll ist gewiss das dramatischste und fortschrittlichste der drei. Man hat mit ihr «Ausdrucksregionen des Düsteren, Tragischen und Wilden» verbunden (A. Werner-Jensen). Diese gelten für den Kopfsatz, der sein Hauptthema erst nach einem unisono geführten Einleitungsmotto vorstellt, insbesondere in der Durchführung, und für das Finale. Doch werden sie im Kopfsatz durch das zweite Thema («dolce») und dann durch die Variationen des Andante gleichsam entschärft. Auch das Scherzo spielt das Dämonische nicht aus; im Trio (C-dur) werden gar helle Töne angeschlagen. Auch der Schlusssatz wendet sich ganz am Ende wieder C-dur zu und endet pianissimo – gewiss eine Überraschung in einem beethovenschen c-moll-Werk.

Der in Karlsruhe geborene, bei Stockhausen, Klaus Huber und musikwissenschaftlich bei H.H. Eggebrecht ausgebildete Wolfgang Rihm ist einer der bedeutendsten und berühmtesten und daneben auch schaffensfreudigsten Komponisten der Gegenwart. 1982 bis 1984 schrieb er drei «Fremde Szenen» für Klaviertrio, von denen die beiden ersten zunächst als Einzelwerke aufgeführt wurden. Am 21. November 1984 spielten Saschko Gawriloff, Siegfried Palm und Bruno Canino den ganzen Zyklus mit «III» als Uraufführung. Rihm nannte sie jetzt im Untertitel «Versuche über Klaviertrio, erste Folge». Rihm meinte, sie seien «Versuche über Klaviertrio, [...] jene möbellastige Besetzung, die es nicht mehr gibt, die aber noch herumsteht. Wie in verlassenen Räumen kann hier Unerlaubtes geschehen. Wir werden Zeugen befremdlicher Szenerien.»

Das Trio op. 99 – Schubert hat die Opuszahlen der beiden Trios noch selbst vergeben – ist eines der beliebtesten und schönsten Instrumentalwerke Schuberts, obwohl manche das Trio op. 100 vorziehen. Es wirkt scheinbar problemlos, pendelt zwischen Energie (gleich zu Beginn) und melodischer Lyrik (im Andante), zwischen lockerer Heiterkeit (Scherzo) und wienerischem Charme (Finale) hin und her und passt so gut zu einem der zahlreichen Schubert-Klischees: Schubert, der ohne Reflexion und wo möglich ohne völlige Beherrschung der strengen Form naiv-heiter und ohne Schwierigkeiten Meisterwerke schafft, doch am stärksten in der lyrischen Kleinform des Liedes volle Meisterschaft erreicht. Dass Schubert im Spätwerk gerade im Formalen bewusst eigene, andere Wege als die Vorbilder ging, hat die neuere Forschung klar erwiesen. So hat er seine eigene Frage, wer nach Beethoven noch etwas zu machen vermöge, selber beantwortet, gerade in der formalen Vielfalt, der Andersartigkeit der Themengestaltung und deren Verarbeitung, d.h. in der nicht selten bewussten Abkehr vom übermächtigen Vorbild. So wirkt auch das B-dur-Trio äusserlich klassisch, im Detail steckt es aber voller Überraschungen.

Ludwig van Beethoven 1770-1827

Klaviertrio Nr. 3, c-moll, op. 1, Nr. 3 (1793/94)
Allegro con brio
Andante cantabile con variazioni
Menuetto: Quasi Allegro – Trio
Finale: Prestissimo

Wolfgang Rihm 1952-

Fremde Szene I, Versuch für Klaviertrio (1984)

Franz Schubert 1797-1828

Klaviertrio Nr. 1, B-dur, op. 99, D 898 (1828 ?)
Allegro moderato
Andante un poco mosso
Scherzo. Allegro – Trio
Rondo: Allegro vivace