Concerts Season 2022-2023

  • 1.11.2022
  • 19:30
  • 97.Season
  • Abo 8
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Quatuor Ébène (Paris)

What began in 1999 as a distraction in the university’s practice rooms for the four young French musicians has become a trademark of the Quatuor Ebène, and has generated lasting reverberations in the music scene. The four breathe new life into chamber music through their consistently direct, open-minded perspective on the works. Regardless of the genre, they approach the music with humility and respect. They change styles with gusto, and yet remain themselves: with all the passion that they experience for each piece, and which they bring to the stage and to their audiences directly and authentically.

There is no single word that describes their style: they’ve created their own. Their traditional repertoire does not suffer from their engagement with other genres; rather, their free association with diverse styles brings a productive excitement to their music. From the beginning, the complexity of their oeuvre has been greeted enthusiastically by audiences and critics.

After studies with the Quatuor Ysaÿe in Paris and with Gábor Takács, Eberhard Feltz and György Kurtág, the quartet had an unprecedented victory at the ARD Music Competition 2004. This marked the beginning of their rise, which has culminated in numerous prizes and awards. The Quatuor Ebène’s concerts are marked by a special elan. With their charismatic playing, their fresh approach to tradition and their open engagement with new forms, the musicians have been successful in reaching a wide audience of young listeners; they communicate their knowledge in regular master classes at the Conservatoire Supérieur Paris.

The quartet was one of the award winners of the Borletti-Buitoni Trust in 2007 and received support from the BBT between 2007 and 2017. In 2005, the ensemble won the Belmont Prize of the Forberg-Schneider Foundation. Since then, the Foundation has worked closely with the musicians, who are performing on instruments chosen with and loaned by Gabriele Forberg-Schneider since 2009.

Commentary available in German ▼
1677 wurde Purcell mit nur 18 Jahren als Nachfolger von Matthew Locke (1621-1677) zum composer for the violins am königlichen Hof berufen. Aus dieser Phase stammen die neun – eine zehnte ist nur teilweise überliefert – vierstimmigen, im Sommer 1680 entstandenen Fantazias. Weitgehend im Dunkeln bleiben der Anlass der Komposition und die Frage, ob die Fantasien zu Purcells Lebzeiten je gespielt wurden, war doch die vorgesehene Besetzung für vierstimmiges viol consort damals schon nicht mehr gebräuchlich. Lange Zeit ging man deshalb davon aus, dass Purcell die Sätze als Kompositionsstudien dienten; dafür schien auch die überaus intensive kontrapunktische Arbeit mit einer Vorliebe für Imitation, Umkehrung und Augmentation zu sprechen, wie auch eine erstaunlich avancierte Harmonik, die den oft hochexpressiven Charakter der Sätze wesentlich trägt. Gegen die These der reinen Studienwerke sprechen indessen unter anderem im Manuskript enthaltene Vortragsbezeichnungen wie moderate, quick, drag , brisk usw. So oder so gerieten die Fantasien, wie das Gros von Purcells Werken seiner ersten Schaffensphase, nach seinem Tod weithin in Vergessenheit. Umso grösser war die Bewunderung, die den Fantasien anlässlich der Erstveröffentlichung 1927 (in einer Einrichtung für moderne Instrumente des Komponisten Peter Warlock (1894-1930)) zuteilwurde. Eine Vorstellung der Sensation mag die folgende Reaktion eines zeitgenössischen Kritikers vermitteln: «In time, Purcell will be recognised not as the greatest musical genius that England ever possessed, but as the greatest musically-gifted genius of all ages and all nations». Die Faszination für Purcells Fantasien hält bis heute an, wovon in jüngerer Zeit etliche bedeutende Aufführungen und Einspielungen auf historischen Instrumenten zeugen. Die Praxis, die Fantasien auf modernen Instrumenten zu spielen, geht wohl vor allem auf die erwähnte Erstedition von 1927 zurück, aus heutiger Sicht zweifellos eine Bereicherung im Sinne der Pluralität der interpretatorischen Zugänge.

Ligeti hat sein erstes Streichquartett lange Jahre zurückgezogen und erst 1970, nach der Entstehung des 2. Quartetts von 1968, wieder akzeptiert. Dabei hatte es sich um das wichtigste Werk seiner ungarischen Schaffensphase gehandelt. Mit dem Bezug auf Bartók (vor allem auf dessen 4. Quartett) und auf Alban Berg (Lyrische Suite) war an eine Aufführung im damaligen Ungarn nicht zu denken gewesen. Erst nachdem Ligeti 1956 Ungarn verlassen hatte, kam es 1958 in Wien zur Uraufführung. Das einsätzige, in zwölf kurze Unterabschnitte gegliederte Werk (manchmal wirken die Wechsel wie Filmschnitte) erwächst aus einer Keimzelle von vier Tönen, zwei aufsteigenden Sekundschritten (c - d / cis - dis), die ihrerseits durch eine kleine Sekunde getrennt werden. So begegnen sich in dieser typischen Formel Bartóks diatonische und chromatische Tonschritte. Das Motiv taucht mehrfach auf und wird für das gesamte Stück durch dauernde Veränderung und Umformung (métamorphoses!) zur Grundlage von «Variationen», die jedoch nichts mit der gängigen Variationenform zu tun haben. Verschiedene Charaktere, sogar ein Tempo di Valse, folgen ohne Unterbruch. Rasche Bewegung bis hin zu Motorik wird viermal von langsamen Teilen aufgehalten. Die Klangsprache wirkt oft orchestral: Cluster und Glissandi und andere Mittel à la Bartók oder Berg prägen das Klangbild. Ligeti äusserte sich in einem Programmtext zum 1. Quartetts, man solle «nicht den Ligeti-Stil erwarten; mein eigentlicher Stil begann ... um 1958, und das Quartett aus den Jahren 1953-54 ist im Stil noch Vor-Ligeti. Bestimmt erscheinen schon einige Merkmale meiner späteren Musik, doch die ganze Faktur ist anders, ‚altmodisch’, es gibt noch deutliche melodische, rhythmische und harmonische Gebilde und Taktmetrik. Es handelt sich nicht um tonale Musik, doch eine radikale Atonalität ist auch nicht vorhanden. Das Stück gehört noch stark zur Bartók-Tradition.»

Schumanns Quartette stammen (frühere Pläne 1838 und 1839) aus dem Kammermusikjahr 1842. Im März hatte Schumann der auf Konzertreise befindlichen Clara geklagt, dass er fast nur Kontrapunkt und Fugen studiere. Nach ihrer Rückkehr änderte sich dies rasch: Innerhalb von knapp zwei Monaten entstehen die drei Quartette op. 41, das erste vom 2. bis 8. Juni (kurz danach überarbeitet). Schumann setzt sich kaum mit dem Vorbild Beethoven, sondern mit den Quartetten des Widmungsträgers Mendelssohn auseinander. Im Kopfsatz steht nur die Einleitung in a-moll, das Allegro dagegen in F-dur. Das Scherzo, dessen nicht speziell bezeichnetes, dem Scherzo ähnliches Trio die Paralleltonart C-dur aufweist, und das Finale nehmen a-moll wieder auf, für das Adagio wurde F-dur gewählt. In ihm mag man im kantablen Thema Anklänge an den langsamen Satz der 9. Sinfonie Beethovens heraushören. Das heitere Finale lässt an Haydn denken, doch tragen hier die erwähnten Kontrapunktstudien Früchte. Wer will, kann am Ende der Durchführung eine Anspielung auf das Motto von Beethovens op. 130 bis 132 erkennen. Der Widmungsträger kommt zum Zuge, wenn vor Beginn der Coda Schottisches anklingt, war doch dessen «Schottische Sinfonie» kurz zuvor in Leipzig uraufgeführt worden.

Konzertkritik von Peter Hagmann

Henry Purcell 1658-1695

Fantazia for Strings Nr. 4, g-moll, Z 735 (10.6.1680)
Fantazia for Strings Nr. 5, B-dur, Z 736 (11.6.1680)
Fantazia for Strings Nr. 6, F-dur, Z 737 (14.6.1680)
Fantazia for Strings Nr. 8, d-moll, Z 739 (22.6.1680)
Fantazia for Strings Nr. 9, A-dur, Z 740 (23.6.1980)
Fantazia for Strings Nr. 11, G-dur, Z 742 (18.8.1680)

György Ligeti 1923-2006

Streichquartett Nr. 1 «Métamorphoses Nocturnes» (1953/54)
1. Allegro grazioso
2. Vivace, capriccioso
3. Adagio, mesto
4. Presto
5. Prestissimo
6. Andante tranquillo
7. Tempo di Valse, moderato, con eleganza, un poco capriccioso
8. Subito prestissimo
9. Allegretto, un poco gioviale
10. Prestissimo
11. Ad libitum, senza misura
12. Lento

Robert Schumann 1810-1856

Streichquartett Nr. 1, a-moll, op. 41, Nr. 1 (1842)
Introduzione: Andante espressivo – Allegro
Scherzo: Presto – Intermezzo
Adagio
Presto