Konzerte Saison 2019-2020

  • 5.11.2019
  • 19.30
  • 94.Saison
  • Abo 7
Oekolampad Basel

Manuel Walser, Bariton Alexander Fleischer, Klavier

Der Schweizer Bariton Manuel Walser studierte Gesang bei Thomas Quasthoff an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin und schloss sein Studium mit Auszeichnung ab. Beim internationalen Wettbewerb ‚Das Lied in Berlin’ wurde er 2013 mit dem 1. Preis und dem Publikumspreis ausgezeichnet. Zudem ist er zweifacher Preisträger der Stella Maris International Song Competition. 2014 wurde ihm der Preis der Armin Weltner Stiftung zuerkannt. Manuel Walser war bis 2019 für fünf Spielzeiten festes Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper. Bei den Salzburger Festspielen debütierte er 2014 als Brutamonte in Schuberts Oper Fierrabras. Im Januar 2018 gab er sein Debüt an der Berliner Staatsoper Unter den Linden.

Manuel Walser gestaltet Liederabende u. a. mit Anano Gokieli, Alexander Fleischer, Malcolm Martineau, Wolfram Rieger und Justus Zeyen. Er sang beim Lucerne Festival, in der Berliner Philharmonie, beim Oxford Lieder Festival, im Konzerthaus Berlin, bei den Salzburger Festspielen, im Wiener Musikverein und bei den Schubertiaden Hohenems und Schwarzenberg. Mit seinem Liedgesang beeindruckte er einspringend bei den Salzburger Festspielen mit Malcolm Martineau mit Schumannliedern, bei der Schubertiade Schwarzenberg und der Schubertiada Vilabertran mit Wolfram Rieger mit Schuberts Winterreise und bei der Schubertiade Hohenems mit Schumanns Dichterliebe und ausgewählten Wolf- und Straussliedern.

Alexander Fleischer gehört zu den gefragten Liedbegleitern und Kammermusikern der jüngeren Generation. Nach seinem Klavierstudium an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin studierte er bei Wolfram Rieger Liedgestaltung und besuchte Meisterkurse u. a. bei Irwin Gage, Dietrich Fischer-Dieskau, Thomas Hampson, Christa Ludwig. Schon bald wurde er mit Preisen internationaler Wettbewerbe ausgezeichnet. In der Folge debütierte er in zahlreichen Konzertsälen und bei bedeutenden europäischen Festivals: Lucerne Festival, Musikverein Wien, Festspielhaus Baden-Baden, Philharmonie Köln, Heidelberger Frühling, Konzerthaus Berlin, festspillene i bergen, Festival RheinVokal u. a. An der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin hat Alexander Fleischer eine Gastdozentur inne und arbeitet seit 2011 als Assistent von Thomas Quasthoff. Darüber hinaus erhielt er im April 2015 eine Dozentur für Liedgestaltung an der Hochschule für Musik Würzburg. Ausserdem unterrichtet er an der Musikhochschule Mannheim eine Liedklasse.

Romantische Lieder zwischen 1840 und 1895

Richard Strauss war gerade 18 Jahre alt, als er sich der Liedkomposition zuwandte. 1882 zeigte Ludwig Thuille (1861-1907, später Komponist und gesuchter Lehrer in München) seinem Freund Strauss, mit dem er als Waise zeitweise aufgewachsen war, den 1864 publizierten Gedichtband Letzte Blätter von Hermann von Gilm, dem Jahr, in dem Gilm starb und Strauss geboren wurde. Die erste Liedgruppe im Oeuvre von Strauss galt einigen dieser Texte. Das erste («Zueignung») und letzte («Allerseelen») der acht Lieder zählen zu den bekanntesten und schönsten Strauss-Liedern; als drittes wird man auch «Die Nacht» – klingt da nicht Schumann an? – dazu zählen dürfen, zumal dessen Text der poetischste der Gruppe ist. Die Gedichte gehören nicht zur ersten Qualitätsklasse von Liedtexten, aber Strauss zeigt – neben formaler Kunst – bereits hier mehrfach, was er an Stimmung und Klangwunder aus solchen Texten hervorzaubern kann – eine grossartige Fähigkeit, welche er über Jahrzehnte hinweg in allen Werkgattungen zum Ausdruck zu bringen vermochte.

Sergej Rachmaninov, berühmt geworden vor allem als Pianist und Klavierkomponist, studierte 1885 bis 1892 in Moskau Klavier und Komposition. Dass er früh – nach einer Streichquartettkomposition von 1889 – auch die Vokalmusik gepflegt hat, zeigen die Oper Aleko (UA 1892) und die Gruppe der sechs Romanzen op. 4, begonnen 1890. Die Romanze ist eine typisch russische Liedform. Entstanden in der Folge der Napoleonischen Kriege hat sie mehrere Epochen der russischen Musik geprägt. Ihre Hauptthemen sind Liebe, Leidenschaft und Klagegesänge. Die Romanze hat auch viel zur Entwicklung der russischen Dichtersprache beigetragen. Die drei ersten Romanzen im op. 4 sind die frühesten; das vierte Lied stammt von 1893. In diesen Liedern strebt Rachmaninov die Balance zwischen Stimme und Klavier an, indem er im Klavier oft die Gefühle des Textes nachklingen lässt und ihm eigenständige Passagen zugesteht, ohne die Einfachheit des Romanzenstils allzu sehr zu überfrachten. Jedes der einzelnen Lieder hat er jeweils einer anderen Person gewidmet; das 4. Lied ist seiner Cousine und späteren Frau Natalie Satina gewidmet. Das op. 4 wurde als erste Gruppe von Rachmaninovs 85 Liedern veröffentlicht.

Noch 1839 hatte Schumann «Gesangskompositionen unter die Instrumentalmusik gesetzt und nie für eine grosse Kunst gehalten». Doch 1840 wandte er sich von reinen Klavierwerken ab und der Liedkomposition zu. Im Rahmen dieses «Liederfrühlings» entstanden schliesslich 138 Gesänge. Am Beginn steht der Heine-Liederkreis op. 24, den Abschluss bilden die 16 Heine-Texte op. 48, die Schumann aus Heines «Buch der Lieder» (Lyrisches Intermezzo, 1822/23, 65 Gedichte) frei zusammenstellte. Schumann versah sie mit dem Titel «Dichterliebe», den er in Rückerts «Liederfrühling» gefunden hatte. In beiden Heine-Zyklen geht es um Trennung und Liebesschmerz, ja um den endgültigen Verlust der Geliebten. Werner Oehlmann hat in Reclams Liedführer den Zyklus so charakterisiert: «Die Lieder der Dichterliebe sind meist leichte, zierliche Miniaturen, die mehr andeuten als ausdeuten und in scheinbar einfachen Formen viel Künstlichkeit und Raffinement enthalten.» Hier kommen Schumanns grosse lyrische Fähigkeiten zum Geltung. Doch hat man sich immer wieder gefragt, ob er Heines Doppeldeutigkeit und Ironie gerecht geworden sei und ob nicht Melodienseligkeit eindimensional darüber hinwegtäusche, ja ob er sie überhaupt erkannt habe. Aber gerade die Wahl der Tonarten, das Verschieben der Aussage von der Singstimme in die Vor- und Nachspiele zeigen, dass er diese Doppeldeutigkeit und damit auch die Gedankentiefe, die beim ersten Blick auf die manchmal fast naiv wirkenden Texte nicht erkennbar ist, zum Ausdruck bringt. Das lange Nachspiel zum letzten Lied zeigt in seiner Lyrik, wie es den enttäuschten Dichter gleichsam ins Reich der Poesie entführt. So wird man Schumanns «Dichterliebe» nicht – wie es öfters geschehen ist – als einen weniger bedeutenden Zyklus abwerten, sondern wird in ihm sehr wohl, wie Oehlmann es formuliert hat, feststellen: «Schumann hat die eigentümlich zwielichtige Stimmung der Heineschen Dichtung mit sicherer Intuition getroffen.»