The recipient of Lincoln Center’s Martin E. Segal Award, New Music USA’s Trailblazer Award, and the CMA/ASCAP Award for Adventurous Programming, JACK has performed to critical acclaim at Carnegie Hall (USA), Lincoln Center (USA), Miller Theatre (USA), Wigmore Hall (United Kingdom), Muziekgebouw aan ’t IJ (Netherlands), IRCAM (France), Kölner Philharmonie (Germany), the Lucerne Festival (Switzerland), La Biennale di Venezia (Italy), Suntory Hall (Japan), Bali Arts Festival (Indonesia), Festival Internacional Cervatino (Mexico), and Teatro Colón (Argentina).
Comprising violinists Christopher Otto and Austin Wulliman, violist John Pickford Richards, and cellist Jay Campbell, JACK is focused on new work, leading them to collaborate with composers John Luther Adams, Chaya Czernowin, Simon Steen-Andersen, Caroline Shaw, Helmut Lachenmann, Steve Reich, Matthias Pintscher, and John Zorn. Upcoming and recent premieres include works by Derek Bermel, Cenk Ergün, Roger Reynolds, Toby Twining, and Georg Friedrich Haas.
Das zweitjüngste der heutigen Quartette stammt von der portugiesischen Komponistin Andreia Pinto Correia. Den Auftrag der Gulbenkian Stiftung Lissabon hat das JACK Quartet in deren Auditorium am 27. Januar 2018 uraufgeführt. Es trägt den Titel «Unbezwungener Raum» und ist vom epischen Gedicht «The Bridge» (1926-30) des amerikanischen Dichters Hart Crane (1899-1932) angeregt. Mit der Brücke ist die Brooklin Bridge in New York gemeint, Ausgangs- und Rückkehrpunkt für Cranes poetische Amerikareise. Die Kompositionsstruktur des Quartetts ist vom vierten Teil des Gedichts mit dem Titel Cape Hatteras inspiriert. Darin hat Crane einen Küstenabschnitt von North Carolina geschildert, der durch extreme Wetterbedingungen berüchtigt ist; und hier findet sich auch der Titel zum 2. Quartettsatz «The Gleaming Cantos of Unvanquished Space – Die glänzenden Gesänge des unbezwungenen Raumes». Pinto Correia widmete das Werk «in Freundschaft» dem JACK Quartet und jeweils einen der vier Sätze einem Quartettmitglied.
Michel Roth wurde in Altdorf geboren. Er studierte Komposition und Musiktheorie bei Roland Moser und Detlev Müller-Siemens. 2001–2011 wirkte er als Dozent an der Luzerner Musikhochschule. 2011 folgte er einer Berufung zum Professor für Komposition und Musiktheorie der Hochschule für Musik Basel; er ist auch Mitglied der Forschungsabteilung. Zum Quartett «(w)hole» schreibt Roth:
Faltet man eine A4-Seite in immer kleinere Hälften, so entsteht auf dem wieder geöffneten Papier ein Raster von gleichen Rechtecken bzw. Punkten mit identischem Abstand. Dreht man dieses nun mit der Blattmitte als Achse um einen beliebigen Winkel kleiner als 180°, entsteht ein neues Punktraster, das mit dem ersten jedoch nur an genau einem Punkt, nämlich dem Mittelpunkt exakt zusammenfällt. Unter Verwendung verschiedener Winkel und jeweils projiziert auf eine Linie lassen sich so Ketten von Ereignissen generieren, die zwar der selben Schablone entspringen, jedoch nun scheinbar unabhängig voneinander einen einzigen gemeinsamen Punkt ansteuern und wieder unabhängig verlassen. Lässt man diesen Achsenpunkt weg und überlagert mehrere solche Raster, entsteht schnell der Eindruck einer chaotischen Folge, die aber irgendwo festgemacht scheint und zudem im Einzelnen nach wie vor aus in sich regelmässigen Impulsen besteht.
Dieses einfache, im Metier der Grafik und Gestaltung altbekannte Prinzip, liegt – musikalisch übertragen – meinem Streichquartett «(w)hole» zu Grunde. Die vier Stimmen folgen auf globaler bis ganz lokaler Ebene in sich regelmässigen Impulsketten, deren vierfache Überlagerung und verschiedene Projizierung über die ganze Dauer des Stücks jedoch eine sehr lebhafte Folge von Verdichtung und Ausdünnung ergibt. Obschon – verfolgte man ein Instrument isoliert – das Grundraster stellenweise erkennbar wäre, ist die musikalische Textur im Gegenteil darauf angelegt, dass Gestalten und lineare Verläufe gerade im «durchbrochenen Satz», also im Übersprung von einem Raster bzw. Instrument aufs andere entstehen. So wird beispielsweise die Artikulation «legato» äusserst sparsam verwendet, sondern vielmehr sehr genau ausdifferenziert, wie sich die Übergänge und Pausenlängen zwischen den Instrumenten gestalten.
Beide Ebenen, individuelles Raster und kollektive Neuverbindung, werden nochmals weiteren, verformenden Tendenzen unterzogen. Beispielsweise wird das Grundtempo über das ganze Stück langsamer, die dabei zu spielenden Notenwerte werden jedoch schneller. Hohe rhythmische Ereignisdichten werden anderseits durch eine Verlangsamung des harmonischen Rhythmus wiederum relativiert. So führen das spielerische Drehmoment der Schablone und ihre jeweils inkommensurablen Rasterpunkte auch zu einer charakterlichen Prägung des Stücks: Alle Bewegungen und Tendenzen ereignen sich immer in mehrere Richtungen gleichzeitig.
Da in der Komposition konsequent alle Referenzpunkte ausgespart bleiben, kommen die Verläufe nie an ein gemeinsames Ziel – ein kammermusikalisches Zusammenspiel, das sich jeweils nur in der Pause zeitlich genau treffen würde. Anders gesagt: Das Kompositionsprinzip erzeugt zwar eine beinahe unendliche Vielzahl an rhythmischen Figuren und Konstellationen und durch die fraktale Anlage kann die Ganzheit aller denkbarer Rhythmen potenziell Teil des Materials sein, doch zugleich sind dies alles nur immer feiner ziselierte Annäherungen um einen unendlich kleinen Referenzpunkt in der Mitte, der als akustisches «Loch» unhörbar bleibt – daher der doppeldeutige Titel.
Auf harmonischer Ebene benutzt die Komposition analoge Mittel, indem unter anderem das pythagoreische und das syntonische Komma harmonisch wirksam werden: Ähnlich wie bei der zeitlichen Organisation führt hier die konsequente Iteration eines Abstandes (Intervalls) in der Überlagerung letztlich zu irrationalen Zusammenklängen. Im Gegensatz zur rhythmischen, um virtuelle Mittelpunkte angelegten Disposition sind jedoch diese Tonfolgen nach hinten offen und bewegen sich wie Spiralen voneinander weg – was dem Stück ein weiteres charakteristisches Bewegungsmoment gibt.
Die kanadische Komponistin und Pianistin Zosha Di Castri lebt in New York. Ihre Werke werden weltweit aufgeführt. Di Castri weitet die reine Konzertmusik aus, indem sie elektronische und klangliche Mittel sowie Videos und Tanz einbezieht. Das 1. Streichquartett war ein Auftrag für den Internationalen Streichquartettwettbewerb 2016 im kanadischen Banff. Das neun Minuten dauernde Quartett mussten die zehn Finalisten-Quartette 2016 vortragen. Das brillante Werk ist beides, rein abstrakt und klanglich konkret, und verlangt von den Interpreten rasch wechselnden Ausdruck. Es wartet mit wirkungsvollen Glissandi und streichquartettfremden Gitarren-Spieltechniken auf und lässt so spektakuläre Klangbilder entstehen.
Der weltweit berühmteste Name unter den Komponisten des Programms ist John Zorn, doch kennen ihn seine Fans kaum als Quartett-Komponisten, sondern als Vertreter der New Yorker Avantgarde im Bereich Free Jazz und trash-metal oder der Klezmer-Musik. Man hat ihn als «the most uncategorisable of the musicians» der Generation bezeichnet, die im New York der 1970er Jahre herangewachsen ist. Berühmt ist er als Saxophonist und Klarinettist. Er selber sieht sich vor allem als Komponist, bekennt sich zu seiner jüdischen Herkunft und fühlt sich der «Kultur des Aussenseitertums» verpflichtet. Die Zahl seiner Kompositionen und Aufnahmen aus allen seinen Werkgattungen ist gross. Das sechste Streichquartett trägt den Titel «The Alchemist» und bezieht sich auf die faszinierende und umstrittene Person des Alchemisten von Königin Elisabeth I., Dr. John Dee (1527-1608). Er war Mathematiker, Astronom, Astrologe, Geograph, Mystiker und vieles mehr. Für die «Engelsgespräche» (spirituelle Konferenzen, «hermetic angelic actions»), welche für den Komponisten Zorn wichtig sind, bediente er sich des Mediums Edward Kelley. Zorns Stück ist anspruchsvoll und klanglich wirkungsvoll und erinnert an grosse Werke der neuen Musik. Nach gut 12 Minuten wird dem Kammermusikkenner ein wohlbekanntes Themenzitat auffallen, das auf die hohen Ansprüche Zorns an sein eigenes Stück hinweist: das Fugenthema aus Beethovens «Grosser Fuge». Gegen Schluss des gut zwanzigminütigen Werks wird es nochmals anklingen – als Symbol für die Verklanglichung so schwieriger Fragen, wie sie Dees Theorien vertreten.