Balz Trümpy, 1946 in Basel geboren, verbrachte die Kindheit in Glarus. Nach der Matur am Humanistischen Gymnasium Basel erhielt er seine musikalische Ausbildung am Konservatorium Basel bei Rolf Mäser und Paul Baumgartner (Klavier), Jacques Wildberger und Robert Suter (Musiktheorie) und Gerald Bennett (Komposition). Anschliessend studierte er bei Luciano Berio in Rom. Er war von 1979 bis 2011 Dozent für Musiktheorie und Komposition an der Hochschule für Musik in Basel. Von 1982 bis 1987 war er stellvertretender Leiter des Konservatoriums. Er lebt in Nuglar. Zu seinem neuen Werk schrieb Trümpy im April 2013:
Die drei Sätze meines 2. Streichquartetts tragen Titel, die auf literarische Formen und Gattungen hinweisen. Dadurch soll der narrative und poetische Gehalt meiner Musik hervorgehoben werden. Der erste Satz – Novelle – ist dementsprechend ein Prosastück. Das betrifft sowohl seinen entwickelnden Charakter, wie er von einer Novelle verlangt wird, als auch die teilweise «prosamässig» geführte Diktion der Stimmen, die stellenweise nicht in ein gemeinsames metrisches Gefüge eingebunden sind. Insgesamt ist aber meine Musik seit einiger Zeit stark metrisch geprägt, was mit einer Verwendung von «Themen» im althergebrachten Sinn einhergeht. Ein Thema mit gemeinsamer Metrik bildet in Novelle denn auch den Kontrast zu den frei geführten Passagen. Elegie und Ballade wiederum sind gebundene Formen. Bei Elegie äussert sich das in einem dem klagenden Charakter entsprechenden ruhigen Gang, der sich beim Höhepunkt zu äusserster Erregung steigert. Der Titel Ballade meint nicht das erzählende Gedicht der Romantik, wie insbesondere Chopin es auf die Musik übertragen hat, sondern bezieht sich auf die ursprüngliche Bedeutung als Tanzlied des Mittelalters. Wie dieses hat meine Ballade einen Refrain, der verschiedentlich variiert wird. Sein tänzerischer Charakter wechselt ab mit teilweise lyrischen, teilweise in stark kontrastierender Dynamik gehaltenen Episoden.
Das zweite Streichquartett wurde im Auftrag der Gesellschaft für Kammermusik Basel für das Szymanowski Quartett geschrieben und ist meinem Sohn Samuel gewidmet, dem ich während der Zeit der Entstehung besonders stark verbunden war.
«Das ist ein rechter Dreck! gut für das Saupublikum.» So reagierte Beethoven, als sich Kritik und Publikum für das c-moll-Quartett des op. 18 begeisterte – ein Quartett in Moll, notabene – und erst noch im Beethoven vermeintlich so eigenen c-moll! Doch erstaunlicherweise steht unter den frühen Quartetten gerade dieses Werk stärker im Bereich der Konvention als die andern. Noch hatte Beethoven nicht zum c-moll-Pathos der «Pathétique» op. 13, des 3. Klavierkonzerts oder der 5. Sinfonie gefunden. Daher hat man für op. 18/4 eine frühere Entstehung annehmen wollen. Beethoven war bei der Veröffentlichung des op. 18 kein jugendlicher Komponist mehr wie Mozart oder Schubert bei ihren ersten Quartetten – und er musste auch nicht die Gattung neu schaffen wie Haydn. Darum überraschen die formale Einfachheit und der Verzicht auf Durchführungselemente ebenso wie der wenig individuelle c-moll-Charakter. Man höre etwa das Finale, um dieses wohl gewollt Einfache festzustellen. Die Überarbeitung der Stücke 1 bis 3 hatte den entscheidenden Schritt vorwärts gebracht, ohne dass Beethoven deshalb auf eine Veröffentlichung des 4. Quartetts verzichtet hätte. Und so hat das Werk positive Beurteilungen erfahren, die Beethoven damals nicht recht anerkennen wollte.
Seine bisher einzige Aufführung bei der Kammermusik Basel erfuhr Szymanowskis 2. Streichquartett zehn Jahre nach der Entstehung am 10.12.1937 durch das Basler Streichquartett, acht Monate nach dem Tod des Komponisten (29.3.1937) an Knochentuberkulose in einem Sanatorium bei Lausanne. Der polnische Komponist wurde 1882 in Tymoszówka (heute Ukraine) in eine kulturbewusste Familie des Landadels geboren. Erste Reisen nach Wien und in die Schweiz liessen ihn Wagner entdecken. Ab 1901 studierte er in Warschau und komponierte vor allem Klaviermusik unter dem Einfluss Chopins und Skrjabins. Die Oper «Król Roger», sein Hauptwerk, entstand 1918 bis 1924. Neben Klavier- und Kammermusik stehen vier Sinfonien, Ballettmusik, zwei Violinkonzerte. Trotz der Bewunderung für seinen Klangsinn und seine Freiheit im Umgang mit Harmonik und Formen ist Szymanowski bis heute eher ein Unbekannter geblieben. Wie das 1. Streichquartett von 1917 (eine geplante Schlussfuge wurde nicht ausgeführt) ist das zweite in drei Abschnitte gegliedert, hier in der Abfolge Langsam – Rasch – Langsam. Der erste Satz, den man noch als eine Art Sonatensatz mit zwei Themen ansehen kann, setzt mit flirrenden Klängen ein; sie werden im Mittelteil von harmonisch markanten Passagen weitergeführt. Eine rasche Bewegung (Tempo deciso) bildet diese durchführungsartige Entwicklung, bevor – Tempo I – die Reprise und eine Coda folgen. Der rondoartige zweite Satz besteht aus mehreren Episoden und orientiert sich mit seinen ostinaten Elementen an der Volksmusik der Goralen, welche Szymanowski in Zakopane kennengelernt hatte. Der symmetrisch gebaute Schlusssatz ist eine freie langsame Fuge. Den Mittelteil bildet eine Art Stretta im doppelten Tempo. Das Quartett entstand für einen Wettbewerb in Philadelphia, doch erhielt es den Preis nicht – der ging (gemeinsam mit einem Stück von Casella) an Bartóks 3. Streichquartett.