Haydns «Kaiserquartett» trägt zwar seinen Beinamen wegen des Variationenthemas (darauf soll für einmal nicht eingegangen werden), darf aber auch in den übrigen Teilen als kaiserlich gelten. Ähnlich wie Beethovens 5. Klavierkonzert («L’Empereur») strahlt es generell Glanz und Monumentalität aus und ist das sinfonischste der sechs Quartette op. 76. Die Themen der drei übrigen Sätze weisen zudem eine gewisse Verwandtschaft mit der Kaiserhymne auf. Der Kopfsatz bereitet so den Variationensatz vor, das robust-simple Menuett ist ein kräftiger Tanz und das Finale führt von unruhigem c-moll über verschiedene Zwischenstationen (u.a. G-dur) «ad astra», d.h. zum kaiserlichen C-dur.
Über die Entstehungsgeschichte der sechs sogenannten Haydn-Quartette wissen wir wenig, da
Mozart in seinen Briefen darüber weitgehend schweigt. Doch zeigt ein Brief vom 26. April 1783 an den Pariser Verleger Joseph Sieber père, dass schon damals ein Zyklus von sechs Quartetten geplant war, obwohl erst KV 387 vorlag. Wie stark auch darin das Vorbild, Haydns op. 33, war, ist unklar. Auf dem Autograph des G-dur-Quartetts vermerkte Mozart, es sei li 31 di decembre 1782 in vienna geschrieben worden. Den neuen Stil – in Anlehnung an Haydns gantz neue Art des op. 33 – zeigt schon der Kopfsatz: ein bewundernswertes, kontrapunktisch angelegtes Hauptthema wird sogleich in motivisch-thematischer Arbeit weitergeführt. Das Menuett ist überraschend ausgedehnt und in raschem Tempo gesetzt; das Trio weicht in dunkles g-moll aus. Das Andante bildet mit seinen drei fein gegeneinander abgesetzten Themen das expressive Zentrum des Werkes, bevor eine gewagte Verbindung von Sonatenform und Fuge das Werk brillant und geistreich-spielerisch abschliesst.
Worin liegen nun Mozarts Neuerungen gegenüber Haydn?
Im oft als «Frühlingsquartett» bezeichneten G-dur-Werk sind es konstruktive Elemente, so die konsequente Anwendung des Sonatensatzes in allen vier Sätzen - ja, auch im Menuett. Gerade dieser Satz wird, äusserlich an der Dauer erkennbar, aufgewertet, hier etwa durch zwei Themen mit melodischer Umkehrung in der Durchführung. Der langsame Satz in C-dur weist zwar keine Durchführung, wohl aber Durchführungselemente auf. Im Finale verbindet Mozart Fuge und Sonatensatz, also kontrapunktische und homophone Elemente. Auffällig für Mozarts neuartige Verarbeitungstechnik ist der Kopfsatz: Statt wie Haydn die Themen in kleinste Motive aufzulösen, setzt er auf die Auflösung vertikal geprägter Harmonik und Akkordspannungen in die melodische Horizontale.
Das Opus 59 ist offensichtlich als Zyklus konzipiert. Zu dessen für das damalige Publikum schwierigen Zügen hat sicher der sinfonische Tonfall beigetragen, zu dem, angeregt durch die Qualitäten des Schuppanzigh-Quartetts, weitere Elemente wie spieltechnische Ansprüche, die Harmonik und die Rhythmik hinzutreten. Im Gegensatz zum F-dur-Quartett (Nr. 1) bleibt das zweite der Rasumowsky-Quartette stärker der Tradition verpflichtet. Es wirkt wie die Antithese zum kühnen ersten – das dritte in C-dur würde dann die Synthese bilden. Auf den düsteren Kopfsatz, einen Vorgriff auf op. 95 in f-moll, folgt ein zunächst scheinbar lichter Adagio-Choral – Czerny berichtet, er sei Beethoven beim Anblick des Sternenhimmels eingefallen. Durch Beifügen von Gegenstimmen und rhythmischen Kontrapunkten löst sich der Choral-Charakter immer mehr auf. Im fünfteiligen rhythmisch pointierten Scherzo fällt im Trio das aus Mussorgskys Boris Godunow bekannte Thème russe ins Ohr. Beethoven fand es in einer Sammlung russischer Volkslieder von Iwan Pratsch, die erstmals 1790 in St. Petersburg erschienen war. Das Finale weist, nicht nur mit dem Beginn in C-dur, auf das dritte Quartett, die Synthese des Opus, voraus.