Der in Europa kaum bekannte Stephen Hartke gilt in den USA als einer der führenden Komponisten seiner Generation. Er wurde in Orange, New Jersey, geboren und wuchs in Manhattan auf. Hier begann seine musikalische Aktivität als Knabensänger, der in Institutionen wie dem New York Philharmonic oder der Metropolitan Opera auftrat. Bereits mit zehn Jahren begann er zu komponieren. Er studierte in Yale und an der University of California Santa Barbara. Er unterrichtete als Fulbright Professor in São Paulo, ab 1987 an der University of Southern California. Hartke gilt als musikalischer Kosmopolit, der unzählige Musikrichtungen bestens kennt, sich aber etwa von der europäischen Avantgarde absetzte. Sein wichtigster Lehrer war George Rochberg; nachhaltig beeinflusst haben ihn Charles Ives und Igor Strawinsky. Bedeutend wurden für ihn auch die von ihm so genannten drei „M“: Guillaume de Machaut, Claudio Monteverdi und Olivier Messiaen. Neben einer grossen Zahl weiterer Preise erhielt Hartke 2003 den mit 225’000 Dollar dotierten Charles Ives Living Award, ein Beweis dafür, welche Bedeutung man ihm in den USA zumisst. Sein Oeuvre umfasst neben der Oper The Greater Good (UA 2008) Orchesterwerke, darunter drei Sinfonien und Konzerte für Violine und Klarinette, Vokales sowie Kammermusik in den verschiedensten Besetzungen. Seine Werke sind auf mehreren CDs verschiedener Labels gut dokumentiert. Zu seinem rund 18-minütigen Quartett, das im Auftrag der Harvard Musical Association and Carnegie Hall für das Brentano String Quartet entstand, schreibt Hartke: „Night Songs for a Desert Flower is, at heart, a book of madrigals for string quartet. I began the work thinking that I would be exploring the fundamentally abstract nature of the medium, but quickly found that its intensely focused emotional qualities pushed me towards a work in which the structure of the movements was determined much more by the emotional element in the same way that the madrigal responds to the expressive demands of the text set. As in madrigal cycles, there is a drama played out here, with the main arc contained within the first three movements. The last movement offers a dance of celebration followed by a brief envoi in a coda that disappears into the night.“
Die drei grossen späten Quartette Beethovens 132, 130 (inkl. op. 133) und 131 – dies die Entstehungsreihenfolge – weisen einige Besonderheiten und Gemeinsamkeiten auf. Als einzige Beethovenquartette gehen sie mit fünf, sechs resp. sieben Sätzen über die Viersätzigkeit hinaus. Zudem sind sie durch Motivverwandtschaft, die von einer Keimzelle aus vier Tönen in zwei gegenläufigen Halbtonschritten (dis – e / c – h) ausgeht, verbunden. Das mag beim Hören unbemerkt bleiben, doch zeigt die Analyse die geheime Klammer auf. Im cis-moll-Quartett tritt das Motiv zu Beginn der Fuge in den Tönen zwei bis fünf (his – cis / a – gis) auf. Hatte die Originalfassung des op. 130 mit einer Fuge geendet, so beginnt op. 131 ebenfalls mit einer solchen, wenn sie auch keine "Grosse" und keine so schwierige ist. Einheitlich geschlossen wirkt das "wohl Schwermütigste, was je in Tönen ausgesagt worden ist", wie sich Richard Wagner ausgedrückt hat. Der 2. Satz im 6/8-Takt übernimmt den Oktavsprung vom Ende der Fuge einen Halbton höher, der improvisationsartig wirkende 3. Satz reduziert ihn auf die Quinte. Mit nur elf Takten, von denen die letzten vier Adagio zu spielen sind, bildet er die Überleitung zum Werkzentrum, der umfangreichen tiefgründigen Variationenfolge. Der fünfteilige 5. Satz ist ein Scherzo mit Trio im Schema ABABA. Er geht nach der teilweise sul ponticello zu spielenden Coda attacca in ein 28-taktiges Adagio über. Es ist zwar selbständig gehalten, bildet aber eine Art langsame Einleitung zum Finale. Hier ist am Beginn mit den Tönen gis – a / cis – his wieder das Grundmotiv fassbar. Mit drei heftigen fortissimo-Akkorden endet das komplexeste der Beethoven-Quartette.
rs