Concerts Season 2008-2009

  • 20.1.2009
  • 20:15
  • 83.Season
  • Zyklus B
Stadtcasino, Hans Huber-Saal

Bennewitz Quartett (Prag)

The Bennewitz Quartet is one of the top international chamber ensembles, a status confirmed not only by their victories in two prestigious competitions – Osaka in 2005 and Prémio Paolo Borciani, Italy in 2008, but also by the acclaim of the critics. As early as 2006, the German Frankfurter Allgemeine Zeitung wrote: "... the music was remarkable not just for its clarity of structure, but for the beautiful tonal palette and purity of intonation in its execution. Only very rarely does one experience such skillfully crafted and powerful harmonies... Great art." The ensemble has received various awards on the Czech music scene as well. In 2004 the quartet was awarded The Prize of the Czech Chamber Music Society and in 2019 the four musicians won the Classic Prague Award for the Best Chamber Music Performance of the year.

The quartet currently performs at major venues both in the Czech Republic and abroad (Wigmore Hall London, Musikverein Wien, Konzerthaus Berlin, Théâtre des Champs-Elysées Paris, The Frick Collection New York, Seoul Art Center, Rudolfinum and others), and is regularly invited to festivals such as the Salzburger Festspiele, Luzerne Festival, Rheingau Musik Festival, Kammermusikfest Lockenhaus, and the Prague Spring. The group has had the privilege of working with the outstanding artists: Jean-Yves Thibaudet, Alexander Melnikov, Vadim Gluzman, Isabel Charisius, Pietro de Maria, Reto Bieri, Danjulo Ishizaka and others.

The members of the quartet put a lot of stress on the inspiring and sometimes challenging choice of their concert repertoire. In 2012 and 2015, the ensemble performed in a sole evening the complete of Bartók’s six string quartets in Maggio Musicale Fiorentino and in Swedish Upsala. In 2014, the four presented a premiere of The Songs of Immigrants by Slavomír Hořínka in Konzerthaus Berlin. In 2019 the quartet added a new CD in its discography featuring the music of the persecuted Jewish composers H. Krása, V. Ullmann, E. Schulhoff and P. Haas on the Supraphon label.

Since 1998 the quartet bears the name of the violinist and director of a music conservatory in Prague, Antonín Bennewitz (1833-1926) who contributed greatly to the establishment of the Czech violin school. The most significant musicians who count among his disciples are Otakar Ševčík and František Ondříček and above all Karel Hoffman, Josef Suk and Oskar Nedbal who, under Bennewitz’s influence, formed the famous Bohemian Quartet.

Commentary available in German ▼
In Haydns D-dur-Quartett bildet das dreiteilige Largo in Fis-Dur, ein echter Mesto-Satz, den Schwerpunkt. Um dieses ernste, in sorgfältiger melodischer und harmonischer Entwicklung bis hin zum Verlöschen der Melodie gearbeitete Stück legt Haydn leichter gewichtete Sätze. So ist der Kopfsatz kein eigentlicher Sonatensatz (obwohl man ihn auch als solchen mit nur einem Thema zu analysieren versucht hat), sondern ein dreiteiliges 6/8-Allegretto mit einem siciliano-artigen Thema. Der Satz schwankt zwischen D-dur und d-moll und schliesst mit einer Allegro-Stretta. Unbeschwert trotz der dem Largo vergleichbaren Dreiklangmotivik kommt das Menuett daher, im d-moll-Trio grundieren Achtelfiguren des Cellos eine Art Perpetuum mobile. Der witzige Schlusssatz ist nun ein Sonatensatz, weist allerdings Besonderheiten auf. Im Charakter greift Haydn auf seinen überraschungsreichen Finale-Typus der 1780er Jahre zurück. Das Opus 76 ist nach den beiden England-Reisen entstanden und wurde dem Grafen Joseph Erdödy gewidmet. Gegenüber den wohl für England geschriebenen op. 71 und 74 treten die orchestralen Züge und die Virtuosität etwas zurück, um vermehrt wieder der Polyphonie Platz zu machen – was gleichsam auf eine Synthese hinausläuft. Man dürfte das Opus 76 als Summe, ja als Krönung des haydnschen Quartettschaffens bezeichnen, wären nicht, zumindest ab op. 33, bereits die früheren Zyklen, jeder in seiner Weise, so vollkommen. Vielleicht ist der Begriff «Ernte», wie ihn der Haydn-Spezialist Reginald Barrett-Ayres, Mitherausgeber der Urtext-Ausgabe der Streichquartette und Verfasser einer umfangreichen (417 Seiten) Monographie über Haydns Streichquartette (Joseph Haydn and the String Quartet, 1974) verwendet hat, richtiger. Auffallend am op. 76 ist die Individualität der sechs Stücke, wie auch die Nummer 5 zeigt.

«In meinen neueren Werken verwende ich mehr Kontrapunkt als früher. So vermeide ich wieder die Formeln des 19. Jahrhunderts, die vorwiegend homophoner Art waren. Ich studiere Mozart. Vereinigte er nicht in wunderbarer Weise kontrapunktische und homophone Ideen? Ich habe die vorklassischen Kontrapunktisten studiert, die für Orgel und Cembalo schrieben, und ich habe vor, die Partituren der alten Vokalkontrapunktisten zu lesen. Denn ich beabsichtige immer ein Lerner zu bleiben.» So äusserte sich Bartók 1928, im Entstehungsjahr des 4. Streichquartetts. Das kontrapunktische Element (Häufigkeit von Kanon und Umkehrungsimitation, etwa im Finale) verbindet sich mit dem Mittel der Variation und mit der neu entwickelten Brücken- oder Bogenform. Diese erklärt er in einer Analyse des 4. Quartetts, welche er für die Studienpartitur verfasste: «Der langsame Satz bildet den Kern des Werkes, die übrigen schichten sich um diesen, und zwar ist der vierte Satz eine freie Variation des zweiten Satzes. Die Sätze eins und fünf wiederum haben gleiches thematisches Material, das heisst: um den Kern (Satz drei) bilden die Sätze eins und fünf die äussere, die Sätze zwei und vier die innere Schicht.» Dies geschieht nicht nur im Satzcharakter, z.B. der beiden Scherzi, sondern – wie Bartók andeutet – auch in der Verwendung des Materials. Das Hauptthema des 5. Satzes und das Seitenthema des 1. Satzes gehören zusammen. «Das Thema des vierten Satzes ist mit dem Hauptthema des zweiten Satzes identisch: dort bewegt es sich innerhalb enger Intervalle der chromatischen Tonleiter, hier erweitert es sich in der diatonischen Tonreihe.» Erstaunlicherweise unterstreicht auch die Dauer der Sätze diesen Bau: Sätze 1, 3 und 5 bzw. 2 und 4 sind ungefähr gleich lang, wobei die längeren Sätze etwas mehr als doppelt so lang dauern wie die beiden kürzeren Scherzi. Das Werk wird von einer konstruktiven Zelle, bestehend aus auf- und absteigenden Halbtonschritten, zu Beginn des Kopfsatzes im Cello h – c – des – c – h – b, bestimmt. Diese Keimzelle wird mehrfach variiert. Der 3. Satz, der Kern des Quartetts, beruht auf einem Variationsprinzip, dessen Mitteilteil durch die Vielfalt der Spieltechniken auffällt.

Schuberts Neubeginn im Quartettschaffen scheiterte zunächst – wie jener in der Sinfonie. Im Gegensatz zur Sinfonie, wo aus den Jahren 1818 bis 1824 vier Versuche, darunter die berühmte «Unvollendete», vorliegen, gibt es im Quartettschaffen jener Zeit nur einen abgebrochenen Anlauf, den c-moll-Quartettsatz (zu dem noch 41 Takte eines langsamen Satzes kommen) von 1820 (D 703). Operierte dieser Sonatensatz mit extremen Gegensätzen, c-moll-Unruhe einerseits und lyrisch weitgespannter Kontrastmelodie im Seitensatz andererseits, so lebt das vier Jahre später vollendete a-moll-Quartett fast durchweg vom lyrisch Zurückgenommenen. Unruhe allerdings fehlt nicht. Das a-moll-Quartett sei, so schrieb Schuberts Freund, der Maler Moritz von Schwind, «im ganzen sehr weich, aber von der Art, dass einem Melodie bleibt wie von Liedern, ganz Empfindung». Tatsächlich klingen Lieder an: Im 1. Satz, der weich zwischen der Unruhe der Begleitfiguren und der Ruhe der Kantilene schwankt, ist es das zehn Jahre ältere Gretchen-Lied «Meine Ruh ist hin» (D 118). Eine ganz andere Unruhe als jene des c-moll-Satzes! Zu Beginn des wenig tanzhaften Menuetts erklingt im Cello ein Motiv, das an den Beginn des Schiller-Liedes «Die Götter Griechenlands» (D 677, 1819) erinnert, das A-dur-Trio zitiert daraus die Melodie zu «Kehre wieder, holdes Blütenalter der Natur». Anders als im zeitgleich geplanten d-moll-Schwesterwerk, welches die Unruhe und Unheimlichkeit des c-moll-Satzes wieder aufgreift, verwendet Schubert im 2. Satz 16 Takte lang nicht etwa ein Lied, sondern den 2. Entre-Act aus der Schauspielmusik zu «Rosamunde», schreibt aber keine Variationen dazu. Das holt er 1827 im B-dur-Impromptu D 935/3 nach. Das liedhafte Stück dient im Schauspiel dem nachdenklichen Zurückblicken - und so wirken auch die Anklänge im Quartett, sogar das alla zingarese im Finale. Darin zeigt sich nicht, wie man lange geglaubt hat, Schuberts Unfähigkeit, unabhängig von Liedern zu komponieren, sondern ein gezieltes, in der entscheidenden Phase der Neuorientierung reflektierendes Zurückblicken, das in anderer Weise auch im d-moll-Quartett geschieht (Liedvariationen über «Der Tod und das Mädchen», Anklänge an «Erlkönig» etc.). Das «Rosamunde»-Quartett scheint in letzter Zeit besonders beliebt zu sein, war es doch bereits in den letzten Jahren zweimal in unseren Konzerten zu hören: Ende 2005 mit dem Artemis und 2007 mit dem Kuss Quartett.

Joseph Haydn 1732-1809

Streichquartett Nr. 79, D-dur, op. 76, Nr. 5, Hob. III:79 (1797)
Allegretto – Allegro
Largo cantabile e mesto
Menuet: (Allegro) – Trio
Finale: Presto

Béla Bartók 1881-1945

Streichquartett Nr. 4, Sz 91 (1928)
Allegro
Prestissimo, con sordino
Non troppo lento
Allegretto pizzicato
Allegro molto

Franz Schubert 1797-1828

Streichquartett Nr. 13, a-moll, op. 29, D 804 «Rosamunde» (1824)
Allegro ma non troppo
Andante
Menuetto: Allegretto – Trio
Allegro moderato