Kein Musikfreund wird Josquin Desprez (des Prés, Dezprez, «von der Heide» oder «van der Weyden» - latinisiert Jodocus Pratensis) mit Streichquartett in Verbindung bringen, doch lässt eine Umsetzung der Vokalkomposition aus der Frührenaissance auf Streichinstrumente durchaus eine Facette dieses grossen nordfranzösischen Komponisten hervortreten, den klaren musikalischen Satz. Desprez ging früh nach Italien und war zunächst in Mailand am Sforzahof, nachher an der päpstlichen Kapelle in Rom aktiv. Später wurde der Hof in Ferrara sein Tätigkeitsfeld. Von hier reiste er öfters nach Frankreich, wo er auch seinen Lebensabend verbrachte. Seine Bedeutung für die Musik seiner Zeit und für das 16. Jahrhundert war immens. Luther hielt seine Musik für vom heiligen Geist inspiriert. Josquins Werkkatalog umfasst Messen, Motetten und andere geistliche Gesänge sowie weltliche Lieder, bei denen oft nicht gesichert ist, ob sie rein vokal oder mit Instrumentalbegleitung gedacht sind.
Bartóks knappstes, konzentriertestes Quartett war damals das kühnste seiner Werke und durfte als repräsentativ für moderne Musik gelten, selbst im Vergleich mit den Werken des Schönberg-Kreises. Adorno hielt es damals für «fraglos die beste von des Ungarn bisherigen Arbeiten» und bewunderte die «Formkraft des Stückes, die stählerne Konzentration, die ganz originale, aufs genaueste Bartóks aktueller Lage angemessene Tektonik». Die Recapitulazione bildet die Reprise des 1. Satzes, die Coda nimmt, ebenfalls reprisenhaft, Material der Seconda parte wieder auf. Dies ergibt eine grosse Geschlossenheit. Dazu kommt, dass die Motive auf zwei oder drei beschränkt sind; aus ihnen wird das gesamte Material des ganzen Werkes abgeleitet. Neu sind vor allem die Lösung von romantischen und vordergründig folkloristischen Anklängen und besonders die in ihren harmonischen Schärfen und in der kontrapunktischen Kompromisslosigkeit noch nie gehörten, dem Streicherklang bisher fremden Farben.
Beethovens op. 59 ist offensichtlich als Zyklus konzipiert. Zu dessen für das damalige Publikum schwierigen Zügen hat sicher der sinfonische Tonfall beigetragen, zu dem, angeregt durch die Qualitäten des Schuppanzigh-Quartetts, weitere Elemente wie spieltechnische Ansprüche, die Harmonik und die Rhythmik hinzutreten. Im Gegensatz zum F-dur-Quartett (Nr. 1) bleibt das zweite der Rasumowsky-Quartette stärker der Tradition verpflichtet. Es wirkt wie die Antithese zum kühnen ersten - das dritte in C-dur würde dann die Synthese bilden. Auf den düsteren Kopfsatz, einen Vorgriff auf op. 95 in f-moll, folgt ein zunächst scheinbar lichter Adagio-Choral - Czerny berichtet, er sei Beethoven beim Anblick des Sternenhimmels eingefallen. Durch Beifügen von Gegenstimmen und rhythmischen Kontrapunkten löst sich der Choral-Charakter immer mehr auf. Im fünfteiligen rhythmisch pointierten Scherzo fällt im Trio das u.a. aus Mussorgskys Boris Godunow bekannte Thème russe ins Ohr. Beethoven fand es in einer Sammlung russischer Volkslieder, die erstmals 1790 in St. Petersburg erschienen war. Das Finale weist, nicht nur mit dem Beginn in C-dur, auf das dritte Quartett, die Synthese des Opus, voraus.
rs