Wie Christian Gerhaher aus Straubing gebürtig ist auch Gerold Huber. Er studierte in München Klavier bei Friedemann Berger und Liedgestaltung bei Helmut Deutsch. Ausserdem besuchte er die Liedklasse von Dietrich Fischer-Dieskau. 1998 erhielt er gemeinsam mit Christian Gerhaher den Prix International Pro Musicis, was Konzerte in Paris und in der Carnegie Hall in New York zur Folge hatte. 2001 war er Preisträger am Internationalen Klavierwettbewerb J.S. Bach Saarbrücken. Solistisch widmet er sich vor allem Bach, Beethoven, Schubert und Brahms – im Konzert wie auf CD. Mit Gerhaher hat er Schubert (Winterreise, Schwanengesang) eingespielt.
Bereits Müller hatte zu seinen Gedichten selber Melodien schreiben wollen. Als Schubert aus den 25 Gedichten der «Novelle» 20 auswählte und sie bis November 1823 vertonte, wurde Müllers Wunsch erfüllt – in einem viel höheren Masse als zu erwarten gewesen wäre. Zwar bleibt auch Schubert vielfach volksliedhaft einfach, komponiert fast die Hälfte der Texte als Strophenlieder (Nr. 1, 7, 8, 9, 10, 13, 14, 16, 20). Und doch erreicht er auch in ihnen eine einmalige Qualität in der Wort-Ton-Beziehung, im Erfassen von psychologischen Finessen, die er etwa mit dem einfachen Mittel des Dur-Moll-Wechsels in kleinsten Bereichen zum Ausdruck bringt. Feine Nuancen zeigen in jedem Lied, wie sehr er auf die Situation eingeht. Das Klavier übernimmt eine eigene Rolle der Darstellung: Es gibt über blosse Begleitung hinaus Kommentare ab und deutet die Texte auf seine Weise.
Die simple Dreiecksgeschichte um enttäuschte Liebe zwischen dem Müllerburschen, der Müllerstochter und dem Jäger erhält dadurch, dass sie einzig aus der Sichtweise des Burschen gesehen und interpretiert wird, ihren Reiz. Die Naivität, mit der er seine vermeintliche Liebe (die es als gegenseitige Beziehung gar nie gab) schildert, gibt dem Text und der Musik überraschenderweise die Tiefe des (vermeintlich) Erlebten. Nicht Schubert komponiert naiv, sondern er komponiert die Naivität des Burschen in natürlicher und doch kunstvoller Weise aus. Der romantisch naturverbundene Bursche hat letztlich nur eine einzige Beziehung, einen Dialogpartner und Tröster: den Bach. Doch der spricht wiederum die Gedanken des Müllers selbst. Am Ende findet dieser seine Ruhe in den Tiefen des Baches – und der Bach singt ihm dazu sein Wiegenlied. Erst in diesem himmlisch langen Strophenlied, dem längsten des ganzen Zyklus, spricht der Bach allein, aber wieder sind es die vom Müller am Ende von Nummer 19 gewünschten Worte. Wenn wir dieses Schlusslied mit dem der Winterreise vergleichen, wie heiter-hell bleibt das Bild trotz dem todtraurigen Ausgang der Geschichte! Der vom eigenen Versagen geplagte Bursche findet hier gewiss seine «gute Ruh» – ganz im Gegensatz zum Wanderer der «Winterreise».
rs