Der Brite Hugh Wood, Schüler u.a. von William Lloyd Webber und Mátyás Seiber, bekennt sich zur Wiener Musiktradition von Haydn bis Schönberg, insbesondere in seinem Gebrauch von Thematik. Er hält sie für in der Musik «the surest, most human means of communication». Das 2. Streichquartett ist ein Auftrag der BBC und wurde am 2. November 1970 in Cardiff uraufgeführt. Es entstand in einer Zeit, in der sich der Komponist mit Malern, besonders mit William Scott, beschäftigte. Er benutzt in diesem Quartett halb-aleatorische Elemente, die man mit Scotts Kreismalereien, den «rough circles», die Wood bewunderte, in Verbindung bringen kann. Diese als «free-for-all» umschriebenen Passagen kontrastieren in ihren «pizzicatos and shuddering scrubbing» mit späteren, die zurückhaltend und lyrisch geprägt sind. Die emotionale Steigerung liegt im «still center» des Quartetts, wo die Kraft des Beginns auf vier gehaltene Noten reduziert wird. Nach einer längeren lyrischen Passage kehrt das Werk zum Material des Beginns zurück. Wood bezeichnet das Quartett als «first attempt at rough circles».
Schuberts a-moll-Quartett sei, so äusserte sich dessen Freund, der Maler Moritz von Schwind, «im ganzen sehr weich, aber von der Art, dass einem Melodie bleibt wie von Liedern, ganz Empfindung». In der Tat klingen in diesem ersten vollgültigen Quartett nach dem grossen Entwicklungsschub im Instrumentalen der Jahre 1822–24 Lieder an: Im 1. Satz, der ganz «weich» zwischen der Unruhe der Begleitfiguren und der Ruhe der Kantilene schwankt, das (für Schuberts kurzes Leben lange) zehn Jahre ältere Gretchen-Lied «Meine Ruh ist hin» (D 118). Im so gar nicht tanzhaften Menuett erklingt im Cello ein Motiv, das an den Beginn des Schiller-Liedes «Die Götter Griechenlands» (D 677, 1819) erinnert, das A-dur-Trio zitiert daraus die Melodie zum Text «Kehre wieder, holdes Blütenalter der Natur». Im zweiten Satz verwendet Schubert 16 Takte lang – im Gegensatz zum zeitgleich geplanten d-moll-Schwesterwerk – kein Lied; er schreibt auch keine Variationen zum Thema des 2. Entre-Act aus der Schauspielmusik zu «Rosamunde» (das holt er im B-dur-Impromptu D 935/3 nach). Es dient im Schauspiel dem nachdenklichen Zurückblicken – und so empfinden wir alle Zitate und Anklänge im ganzen Quartett. Auch die ungarisierenden alla zingarese-Anklänge im Finale könnten diese Funktion haben. Es ist also nicht, wie man lange glaubte, Schuberts Unfähigkeit, unabhängig von Liedern zu komponieren, vielmehr ein gezieltes, in der entscheidenden Phase der Neuorientierung reflektierendes Zurückblicken.
rs