Gut einen Monat vor dem Sturm auf die Bastille hat Mozart sein D-dur-Quartett vollendet. Er war gerade von einer Reise nach Potsdam und Berlin heimgekehrt. „Seiner Mayestätt dem König von Preussen“ sollte es ursprünglich – mit fünf weiteren – zugedacht sein. Ein Jahr später – die Welt war, zumindest in Paris, nicht mehr dieselbe – sah sich Mozart gezwungen, die bis dahin entstandenen drei Quartette „um ein Spottgeld“ dem Verleger Artaria zu überlassen. Die Widmung an den Preussenkönig, der er mit der kunstvoll und reich geführten Cellostimme Nachdruck verleihen wollte, war längst hinfällig. Jedenfalls war es nicht die neue politische Situation, die Mozart zur Aufgabe des ursprünglichen Plans führte. In den Quartetten ist nichts von Umbruchstimmung zu spüren. In entspannter Kantabilität, Liedhaftigkeit, staccato-untermalter Melodie und in Verbindung von eleganter Klangsinnlichkeit mit hochentwickelter Polyphonie fliessen die vier Sätze vorüber. Leichte Melancholie liegt über dem Ganzen, und vielleicht hat man gerade darum den Anklang des schlichten Andantes an das Lied „Das Veilchen“ zum Anlass genommen, um dem Quartett einen Beinamen zuzulegen: „Veilchenquartett“. Und obwohl es als das 1. Preussische Quartett bezeichnet wird, gehört es nach Wien.
Wien ist auch Heimat und Wirkungsstätte Weigls. Für den Zeitgenossen Weberns und Bergs, der zudem zehn Jahre jünger war als Zemlinsky, ist, obwohl er zu Lebzeiten nicht ohne Erfolge blieb, die Zeit noch nicht wieder gekommen. 1938 musste der Jude und Sozialdemokrat Wien verlassen; wie viele seiner Schicksalgenossen ging er in die USA, wo er zwar in mehreren Städten unterrichtete, aber keine angesehene Position erhielt. Komposition studiert hatte er – natürlich, möchte man fast sagen – bei Robert Fuchs und Zemlinsky. Sechs Sinfonien und acht Streichquartette bilden den Kern eines bedeutenden Werkes. Den Schritt zur Atonalität und Dodekaphonie seiner Wiener Umgebung hat Weigl wie Zemlinsky nicht mitgemacht. Vorbilder blieben ihm Beethoven, Bruckner und Mahler. Das fünfte Quartett aus dem Schicksalsjahr 1933 ist „dem Busch-Quartett in dankbarer Verehrung“ gewidmet. Ein ruhiger sanglicher erster Satz mit motorischer Durchführung, ein akzentuiertes polyphones Scherzo mit kantablerem Trio und brillanter Stretta, ein intimes, reich verziertes, nur im Mittelteil leicht geschärftes Larghetto sowie ein kraftvoll-expressives Finale mit Schlusssteigerung bilden die vier Teile.
Welches Wiener Quartett vor dem Jahre 1900 ist das kühnste, Beethovens op. 130 oder 131? Spielt man die ursprüngliche Fassung mit der Grossen Fuge, so könnte man dem op. 130 den – wir es geben es zu – zweifelhaften Preis zuerkennen. Diese Fuge war es, die bei der ersten Aufführung am 21. März 1826 Anstoss erregte: „Den Sinn des fugirten Finale wagt Ref. nicht zu deuten: für ihn war es unverständlich, wie Chinesisch.“ hiess es in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung. Die Sätze 1, 3 und 5 konnte der Rezensent immerhin, mochte er sie auch als „ernst, düster, mystisch, wohl auch mitunter bizarr, schroff und capriciös“ bezeichnen, goutieren. Das „Scherzo und der Deutsche“ hingegen kamen – bezeichnenderweise! – gut an, so dass „mit stürmischen Beyfall die Wiederholung verlangt wurde“. Beethoven hat bekanntlich auf Wunsch des Verlegers Artaria die Grande Fugue, die er als tantôt libre, tantôt recherchée bezeichnet, durch ein konventionelles Allegro ersetzt und sie gesondert, jetzt dem Erzherzog Rudolf, dem Widmungsträger so vieler ungewöhnlicher Werke, zugeeignet. rs