Elliott Carter, fast auf den Tag ein Altersgenosse von Olivier Messiaen, darf einer der grössten modernen Komponisten der USA genannt werden. Er macht nicht durch spektakuläre, die Publizität suchende Auftritte auf sich aufmerksam, sondern durch seine gediegene, sorgfältige, aber nichtsdestoweniger lebendige Musiksprache. Er will – bei aller Radikalität – nicht aufbegehren, sondern kommunizieren. Er sucht die «fokussierte Freiheit» des Diskurses, nicht die Konfrontation. Mit Basel ist Carter durch eine enge Beziehung zu Heinz Holliger verbunden. Das fünfte seiner Streichquartette (Dauer: gut zwanzig Minuten) will zu den vorangehenden, äusserst kontrastierenden Quartetten Ergänzung und Unterschied zugleich sein. Carter wählte dafür eine neue, eigene Form. Sechs suitenartige Sätze (gerade Satzzahl) werden durch eine Einleitung und fünf Interludien getrennt. Dabei sind die Suitensätze sorgfältig durchgearbeitete Charakterstücke: «ein flüchtiges Giocoso, ein Lento espressivo mit langsam sich verlagernden Akkorden, ein hastiges, scherzoähnliches Presto scorrevole, ein rhetorisch ausdrucksvolles Adagio sereno mit hohen Flageoletttönen und schliesslich eine eigentümliche Pizzicato-Coda mit der Bezeichnung Capriccioso» (B. Northcott). Einleitung und Zwischenspiele dagegen wirken, obwohl sie genau notiert sind, frei, ja zufällig. Wie wenn Musiker während der Pausen einer Probe einzelne Passagen ihres Parts spielen, werden Elemente aus den Suitensätzen aufgenommen. So wird das gleiche musikalische Material «im Zusammenhang der Ordnung und der (scheinbaren) Unordnung hörbar».
Zu Smetanas Selbstbiographie in Tönen sei hier wieder einmal das Programm, das der Komponist in einem Brief vom 12. April 1878 beschrieben hat, aufgeführt (gekürzt): I. Satz: Hang zur Kunst in meiner Jugend, romantische Stimmung, unaussprechliche Sehnsucht nach etwas, was ich nicht in Worten ausdrücken konnte. Der II. Satz führt mich in der Erinnerung in das heitere Leben meiner Jugendzeit, in der ich meine Umwelt mit Tanzstücken überschüttete, selbst als leidenschaftlicher Tänzer bekannt war. Der dritte Satz erinnert mich an das Glück der ersten Liebe zu dem jungen Mädchen, das später meine treue Gattin wurde. Der vierte Satz: Die Erkenntnis der elementaren Kraft, die in der nationalen Musik ruht, und die Freude an den Ergebnissen des beschrittenen Weges bis zu jenem Augenblick, da sein weiterer Verlauf durch die ominöse Katastrophe jäh unterbrochen wurde: Beginn der Taubheit, Ausblick in eine freudlose Zukunft.
rs