Concerts Season 1998-1999

  • 27.10.1998
  • 20:15
  • 73.Season
  • Zyklus A
Stadtcasino, Festsaal

Albert-Schweitzer-Quintett (Hamburg)

Biography available in German ▼
Einziger Preisträger für Bläserkammermusik beim Deutschen Musikwettbewerb 1984, Preisträger beim ARD-Wettbewerb 1985, 1990 Preis der Deutschen Schallplattenkritik für die Einspielung sämtlicher Reicha-Quintette – dies einige Höhepunkte aus dem Palmarès des Albert Schweitzer Quintetts. Den Namen wählte das Ensemble nach dem musischen Gymnasium in Hamburg, in dessen Schulorchester die Flötistin und der Fagottist die Impulse für ihr Musikstudium erhalten hatten. Neben der Pflege des klassischen Repertoires war dem Ensemble immer die Musik unserer Zeit wichtig (Uraufführungen u.a. von Isang Yun und Manfred Trojahn). Es war Gast beim Lockenhaus Festival, beim Schleswig-Holstein Musik Festival, den Niedersächsischen Musiktagen und beim Kissinger Sommer. Am 14. Januar 1992 war es erstmals in unseren Konzertreihen zu Gast.
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Der in Livorno geborene, seit etwa 1770/73 in Paris ansässige Geiger Cambini soll in jungen Jahren „während glücklicher sechs Monate“ mit Nardini, Manfredi und Boccherini Streichquartett gespielt haben. Unter über 400 Instrumentalwerken finden sich mehr als je 100 Streichquartette und Streichquintette. Daneben stehen Sinfonien, Konzerte, Konzertante Sinfonien, Messen, Oratorien und Opern sowie patriotische Gesänge im Zeichen der Revolution. Zusammen mit Viotti prägte er den Pariser Stil der Geigen- und Quartettmusik, wobei er sich völlig von der Basso continuo-Praxis löste. Seine Bläserquintette sind Vorläufer von Reichas Quintetten.

Johannes Harneit ist in Hamburg geboren, wo er auch studiert hat. Später absolvierte er bei Klauspeter Seibel eine Dirigentenausbildung. Bereits während des Studiums gründete er mit Jürg Henneberger das Ensemble Moments Musicaux. Seit 1987 ist er als freier Dirigent tätig. Er wird im Theater Basel bei der Produktion von Zimmermanns „Soldaten“ (Premiere: 20.11.98) als Co-Dirigent mitwirken. 1986 erhielt er den 1. Preis beim internationalen Kompositionswettbewerb Hitzacker; er bekam Kompositionsaufträge, u.a. des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg, der Alten Oper Frankfurt und des Ensembles Scharoun der Berliner Philharmonie.

Pavel Haas wurde wie sein gleichaltriger Kollege Hans Krása in Theresienstadt interniert und am 16. Oktober 1944 in die Gaskammern von Auschwitz geschickt. Die Kompositionen des als Sohn eines tschechischen Kaufmanns und einer Russin in Brünn geborenen Haas wurden vergessen und gelangen erst jetzt, im Rahmen der Wiederentdeckung „entarteter Musik“, wieder zur Aufführung. Der bedeutendste Schüler Janáceks verbindet in seinem Bläserquintett die von seinem Lehrer übernommene „Methode thematischer Arbeit und Modalität auf der Basis mährischer Volkslieder mit den charakteristischen Elementen der Choralmelodik von Synagogengesängen und der polyrhythmischen Struktur der europäischen Nachkriegsmoderne“ (L. Peduzzi).

Zemlinsky hatte in den zwanziger Jahren das Musikleben Prags geprägt. 1933 vertrieben ihn die Nazis aus Berlin, 1938 aus Wien in die USA. Er wurde als einer der ersten der vergessenen „entarteten“ Komponisten wiederentdeckt. So fand seine Kammermusik in unseren Konzerten in den letzten Jahren konsequente Berücksichtigung. Die heitere Musik wird kurz vor Schluss durch ein Alphornmotiv der Flöte unterbrochen – Einbruch einer nostalgischen Welt à la Mahler?

Der Böhme Anton Reicha, seit seinem Aufenthalt in Bonn mit dem gleichaltrigen Beethoven befreundet, wirkte vor allem in Paris (1799–1801 und ab 1808) und wurde hier zum Lehrer namhafter Komponisten (Berlioz, Gounod, Franck, Liszt) und zum Begründer der Gattung Bläserquintett. Zwischen 1814 und 1820 schrieb er vier Opera (88, 91, 99 und 100) mit je sechs Werken. Das B-dur-Quintett irritiert im Kopfsatz durch eine Fülle von Einfällen, welche die Sonatenform verdecken. Das Andante im 3/8-Takt klingt wie ein Menuett, während der konventionell als Minuetto bezeichnete 3. Satz als waschechtes Scherzo beethovenscher Prägung daherkommt. Im Rondofinale taucht das Thema immer wieder in neuer Gestalt auf, selbst dort, wo man es gar nicht erwartet.

rs