Haydns d-moll-Quartett op. 42 ist ein merkwürdiges Werk. Nicht nur steht es als einziges nicht im Rahmen einer Dreier- oder Sechsergruppe, sondern überrascht durch sein Kürze, einen langsamen Kopfsatz, ein Menuett an 2. Stelle und ein fugiertes Finale. Dies könnte auf eine Entstehung vor dem op. 33 hindeuten. Nun weiss man, dass Haydn 1784 an kurzen Quartetten für Spanien arbeitete; sie sind verloren. Vielleicht finden wir im op. 42, das im sorgfältig bearbeiteten Manuskript mit 1785 datiert ist, einen Rest oder zumindest einen Reflex dieser spanischen Quartette. Die zwar einfache, doch konzise Arbeit des op. 42 zeigt, dass die vielfach bezweifelte Datierung und Stellung zwischen den Opera 33 und 50 richtig ist. Der Kopfsatz ist ein monothematischer Sonatensatz, der mit drei Dur-Akkorden im pianissimo endet. Daran schliesst das D-dur-Menuett mit einem kurzen Trio, wieder in d-moll, an. Das einfache Adagio in B-dur mit seinem innigen Thema lässt an Mozart denken. Das Finale, eine Kombination von Fuge und Sonatensatz, ist trotz seiner Kürze der wichtigste Satz des Werkes. Nicht auf sein eigenes op. 20 greift Haydn hier zurück, sondern offensichtlich auf Mozarts KV 387, das erste jener ihm kurz zuvor gewidmeten sechs Quartette.
Mozart hat nach der lunga, e laboriosa fatica der «Haydn-Quartette» nur noch einmal zu einem Zyklus von sechs Quartetten angesetzt. Voller Hoffnung wollte er sie für Seine Mayestätt dem König in Preussen schreiben, doch wurde der Plan nie Wirklichkeit. Die Widmung kam nicht zustande, und es blieb bei drei Quartetten. Am 12. Juni 1790, wohl kurz nach Vollendung von KV 590, schrieb Mozart an Puchberg: Nun bin ich gezwungen meine Quartetten (diese mühsame Arbeit) um ein Spottgeld herzugeben, nur um in meinen Umständen Geld in die Hände zu bekommen. Daraus ist zu entnehmen, dass Mozart die Komposition von Quartetten generell schwer fiel, er also nicht einmal in Geldnot noch rasch eine Sechserfolge komplettieren konnte, obwohl die drei «Preussischen» einfacher sind als die «Haydn-Quartette». Das Werk gipfelt nach einem durch seine ungeraden Taktperioden spannenden Menuett in einem Finale, das wie eine Huldigung an Haydn wirkt. Es geht aber in seiner kühnen Kontrapunktik und im schroffen Nebeneinander der Tonarten über jenen hinaus.
Als Beethoven seine sechs Quartette op. 18 veröffentlichte, war er dreissigjährig, kein jugendlicher Komponist mehr wie Mozart oder Schubert bei ihren ersten Quartetten – und auch keiner, der die Gattung erst schaffen musste wie Haydn. Nun steht unter den frühen Quartetten gerade das in c-moll mehr im Bereich der Konvention als die andern fünf Stücke. Darum hat man wie bei Haydns op.42 eine frühere Entstehung angenommen. Man höre sich nur das Finale an! Formale Vereinfachung und der Verzicht auf Durchführungselemente überraschen bei Beethoven ebenso wie der wenig individuelle c-moll-Charakter. Man hat das Werk aber auch anders, positiver bewertet. Beethoven hingegen war ungehalten darüber, dass sich Kritik und Publikum ausgerechnet für dieses Quartett begeisterte, und erklärte: Das ist ein rechter Dreck! gut für das Saupublikum. Trotzdem dürfen Sie, verehrtes Publikum, heute Gefallen an diesem Werk finden.
rs