Uraufführungen und Kompositionsaufträge haben in unseren Konzerten Tradition; so sind Jost Meiers Nonett neue Werke von Wettstein, Kelterborn, Ferneyhough, Skrzypczak, Yun, Dinescu, Flammer, Yamaguchi vorausgegangen.
Der aus Unterfranken stammende, in Lilienfeld in Mähren geborene August Reuss wählte nach Tätigkeit im väterlichen Unternehmen erst 1899 die Musikerlaufbahn. Er studierte bei L. Thuille in München. Hier lebte er als Freischaffender von 1909 bis zu seinem Tode, später als Lehrer. Obwohl Spätromantiker, löste er «sich vom schwelgerisch-pathetischen Romantizismus der Jahrhundertwende und gelangte zu einer eigenständigen, oft durch starke Einfälle bezwingenden Tonsprache von subtiler Differenziertheit der Ausdrucksmittel, in den Werken der Reifezeit auch zu diatonischer Entspannung der Harmonik und Melodik und zu echter Polyphonie» (MGG).
Jost Meier, der in Basel als bekannter Komponist, Dirigent und Lehrer ansässige Solothurner, hat u.a. am Theater Basel dirigiert; hier wurden zwei seiner Opern, «Der Drache» und «Dreyfus – die Affäre», mit grossem Erfolg aufgeführt. «Was ihn zum Theater zog, manifestiert sich auch in seiner Instrumentalmusik, der Einsatz der musikalischen Mittel im Dienste des gewünschten (oft auch ironisch-humoristischen) Ausdrucks, und selbst in der Instrumentalmusik kommt zur rein musikalischen Form eine Dramaturgie, etwas Gestisches, Bildhaftes» (Katalog Musikszene Schweiz). Zu seinen «Transfigurations» schreibt der Komponist: «Drei musikalische Elemente kommen in allen fünf Stücken mehr oder weniger deutlich hörbar vor. Ihre äussere Form scheint sehr ähnlich zu sein, deren musikalische Bedeutung hingegen ändert sich. So entstehen fünf Sätze verschiedenen Charakters. Die Blasinstrumente spielen oft paarweise, so dass sich [mit dem Bass] eine Art Quintett ergibt.»
Auch wenn die c-moll-Serenade Mozarts für ein fürstliches Bläserensemble entstanden sein muss, so sind wir doch weit entfernt von harmlosen Feldparthien und Serenaden. Denn diese letzte Serenadenmusik Mozarts (sieht man von der «Kleinen Nachtmusik» ab) ist als Ständchen unbrauchbar. Es handelt sich um echte, ja sogar ambitionierte Kammermusik. Das dokumentiert auch die klassische Viersätzigkeit und insbesondere die spätere Bearbeitung als Streichquintett (KV 406). Wenn Mozart das Werk selber als «Nacht musique» bezeichnet hat, so ist in diesem Begriff weniger das Serenadenhafte zu hören als die Hinwendung zu ungewohnter nachthafter Dunkelheit und zu Schroffheiten des Ausdrucks in einem Bekenntniswerk. Selbst der lärmende D-dur-Schluss des Variationen-Finales kann diesen Eindruck nicht aufheben: Mozarts Divertimentozeit ist vorbei, wie es auch das späte, als Divertimento bezeichnete Streichtrio KV 563 beweist.