Das Londoner Publikum, welches Haydns D-dur-Quartett op. 64/5 in einem Konzert Salomons der Saison 1791 zu hören bekam, hat in der nach sieben Takten staccato-Vorspann der übrigen Instrumente einsetzenden Melodie der 1. Violine den Gesang einer Lerche gehört, was dem Quartett den Beinamen «The Lark» bescherte. Da sich dieses Thema kaum verarbeiten lässt, kehrt es im ganzen Satz weitgehend unverändert wieder und hat dadurch einen besonderen Erkennungs- und Beliebtheitswert. Die thematische Arbeit übernehmen stattdessen Triolenfiguren. Ein sangliches Thema der 1. Violine bestimmt das Adagio in A-dur in dreiteiliger Liedform (A – B – A’). Bereits der A-Teil ist in drei Abschnitte gegliedert; der B-Teil steht in a-moll. Das Menuet (wie Haydn jetzt wieder schreibt) ist, was insbesondere den Vorschlagsnoten zuzuschreiben ist, einem Scherzo angenähert. Am Beginn des Trios in d-moll nimmt die 2. Geige eine Tonreihe des Menuett-Themas auf, die im Bass auch dessen Schluss gebildet hatte. Das Finale kann man als Perpetuum mobile charakterisieren. Die Sechzehntelfigurationen, von der 1. Violine eingeführt und im ganzen ersten Abschnitt von ihr gespielt, werden ausser einmal nie unterbrochen. Wo sie nicht die 1. Geige ausführt, übernehmen die anderen Instrumente. Und die Ausnahme? Kurz vor Schluss unterbrechen Achtelakkorde in zweieinhalb Takten die Bewegung. 1801 erwähnte ein Bericht «eines der schwierigsten Stücke unter den neueren Quartetten von Joseph Haydn, das die grössten Geiger Wiens kaum meistern können». Damit war höchstwahrscheinlich dieses Finale gemeint.
Mit dem Opus 59 beginnt das moderne Streichquartett. Hatten das erste und etwas weniger das zweite Quartett damals schockierend gewirkt, so erscheint das dritte weniger gewagt. Die Allgemeine Musikalische Zeitung von 1806/07 bezeichnete es als „allgemeinfasslich“. Es ist das kürzeste und konzentrierteste der drei Schwesterwerke und bildet gleichsam die Synthese der beiden vorangegangenen Werke. Gleichwohl zeigt es die modernen Errungenschaften der Quartettkomposition. Mag die Wiederaufnahme einer langsamen Einleitung zunächst als Rückgriff auf die Tradition erscheinen, so bildet gemäss A. Werner-Jensen die Art, wie dies hier geschieht, mehr einen Traditionsbruch als eine Fortführung gewohnter Formen. Erstaunlich ist zudem, dass nach dieser Einleitung am Beginn des Allegro noch eine weitere folgt. Das Hauptthema kommt erst später nach einer überleitenden Violinkadenz mit einem C-dur-Akkord zum Zug. Die Durchführung verwendet nicht nur die drei Gedanken der Exposition, sondern auch die Septakkorde der Einleitung und die Violinkadenz. Im Gegensatz zu den beiden ersten Quartetten zitiert Beethoven in diesem Werk kein thème russe, doch klingt das Thema des Andante (a-moll) irgendwie russisch. Das als grazioso bezeichnete Menuett wirkt wie ein Spiel mit vergangenen Formen; dafür fährt das Trio in F-dur energisch dazwischen. Nach diesen zahlreichen Eigenheiten überrascht auch das virtuose, attacca an das Menuett anschliessende Finale, eine Verbindung von Sonatensatz und Fuge. Gerade diese nicht regelkonforme Fuge hat es in sich und hat Beethoven nicht wenig Kritik eingetragen, beweist aber auch die Kühnheit und Modernität dieses heute so klassisch wirkenden Werkes. Mit der „Grossen Fuge“ am Ende von op. 130 wird Beethoven auf viel gewagtere Weise im Spätwerk auf eine solche „unregelmässige“ Fuge (tantôt libre, tantôt recherchée) zurückgreifen. Die drei Werke des Opus 59 sind in der Reihenfolge der Nummerierung entstanden, das C-dur-Quartett ist also tatsächlich das Abschlussstück. Dies ist ein weiterer Hinweis auf die zyklische Gestaltung der Werkgruppe.