Konzerte Saison 1970-1971

  • 9.2.1971
  • 20:15
  • 45.Saison
  • Beethoven-Zyklus (B)
Stadtcasino, Hans Huber-Saal

Trio di Trieste (Triest)

Nur knapp sieben Jahre nach Mozarts KV 502 hat Beethoven noch in Bonn Klaviertrios entworfen. Er wird sie bald als erste vollgültige Werke ansehen und im Oktober 1795 bei Artaria in Wien als opus 1 erscheinen lassen. Ende 1793 oder Anfang 1794 machten sie bei der Privataufführung im Palais des Widmungsträgers, des Fürsten Lichnowsky, Sensation. Denn dass es die ersten voll ausgereiften, d.h. alle drei Instrumente gleichberechtigt behandelnden Klaviertrios waren, wurde den Zuhörern, nicht zuletzt Joseph Haydn ohrenfällig bewusst. Die Gattung war damit endgültig etabliert. Das G-dur-Trio ist vermutlich das zuerst entworfene. Den Höhepunkt des Werkes bildet das Largo, ein Satz, der ganz dem beethovenschen Ideal langsamer Sätze entspricht. Die übrigen, der spielerische Kopfsatz, das knappe Scherzo mit h-moll-Trio und nicht zuletzt das musikantisch-muntere Finale mit seinem fast banalen, aber witzigen Hauptthema – schaut da nicht Haydns „Frosch“-Finale herein? – machen das G-dur-Trio zum leichtesten, doch nicht minder gelungenen der Dreiergruppe.
Hatten Beethovens Klaviertrios des Opus 1 manchmal noch eine gewisse Weitschweifigkeit aufgewiesen, so besticht op. 70/1 vor allem im Kopfsatz durch die Knappheit der Form. Mit energischem Staccato legen alle drei Instrumente unisono den Beginn des Satzes in fast unerträglicher Spannung fest und stossen bald scheinbar nach B-dur vor. Doch rasch löst sich die Spannung mit der Rückkehr ins dolce zu spielende D-dur. Liegt der Höhepunkt des ersten Satzes in der dichten Motivarbeit der Durchführung, die man ein Wunder der Konzentration genannt hat, so bildet das zentrale Largo den des ganzen Werkes. Kein Wunder, dass Beethoven darum auf ein Scherzo verzichtet. Dass es mit diesem Nachtstück etwas Gespenstisches auf sich hat, mag der Beiname auch nicht authentisch sein, zeigen die Skizzen, die sich auf dem gleichen Blatt finden wie d-moll-Entwürfe zu den Hexenchören einer geplanten Oper "Macbeth". Das Finale, wieder ein Sonatensatz, nimmt die Klangwelt des Kopfsatzes auf, erreicht aber dessen Dichte - wohl bewusst - nicht mehr.
Die Werke, die Beethoven seinem zeitweiligen Schüler Erzherzog Rudolph von Österreich widmete (5. Klavierkonzert, Hammerklaviersonate, Missa solemnis, etc.) zeichnen sich durch eine besondere Grösse und Bedeutung aus und bilden nicht selten den Höhepunkt der jeweiligen Gattung. Dies ist beim "Erzherzog-Trio" nicht anders. Nicht nur die Länge des Werkes, sondern auch seine Themengestaltung zeigt Weite und gleichsam würdevollen Ernst. Und doch liegt über dem Ganzen eine "poetisch-klangschöne" Farbe, die auch der benachbarten und ebenfalls dem Erzherzog gewidmeten Violinsonate op. 96 eigen ist. Das Klavier dominiert zwar – ganz neu ist der Soloeinsatz zu Beginn mit dem weitgespannten Hauptthema, und erst noch im dolce – wirkt aber nicht solistisch-virtuos, sondern gibt dem Klangbild einen sinfonischen Zug. Den Kopfsatz prägt weniger eine kontrastierende Dualität der Themen (es sind letztlich drei) als eine gewisse Verwandtschaft. Die motivische Arbeit bezieht ihr Material vor allem aus den ersten vier Tönen und dem Trillermotiv des Hauptthemas. Das eher kurze Scherzo steht – wie später in der 9. Sinfonie – an zweiter Stelle und lässt Raum für das dem Kopfsatz in der Länge entsprechende Adagio, einen kantablen Variationensatz in D-dur. Auf vier Variationen folgt als fünfter Teil eine gedehnte Coda, die Durchführungselemente aufweist. Attacca schliesst das tänzerische, überraschungsreiche Final-Rondo an, das in einer Presto-Stretta endet.

«Als wollte Beethoven darauf aufmerksam machen, dass sich das Klavier im Klaviertrio nicht nur den Streichern unterzuordnen habe, lässt er das B-dur-Trio op. 97 mit dem Klavier allein beginnen, was er nie zuvor gewagt hatte. Allerdings forderte er vom Klavier ein dolce. Das Werk scheint die Summe der Klaviertrio-Komposition bei Beethoven darzustellen - in der Fülle der kompositorischen Gedanken, der Kraft des Emotionellen und in der Ausgeglichenheit des Klangbildes wie der Formfügung. Die Tatsache, dass Beethoven dieses Werk seinem zeitweiligen Schüler Erzherzog Rudolph von Österreich widmete, trug ihm den an sich nichtssagenden Titel Erzherzogtrio ein» (W.-E. von Lewinski im Beiheft zur CD-Neuausgabe sämtlicher Beethoven-Trios mit dem frühen Beaux Arts Trio). Immerhin ist der Titel des Werkes würdig, und er stellt es zu Recht im Anspruch auf die gleiche Stufe wie die ebenfalls dem Erzherzog gewidmete Missa Solemnis, die Hammerklaviersonate oder die Grosse Fuge.

Ludwig van Beethoven 1770-1827

Klaviertrio Nr. 2, G-dur, op. 1, Nr. 2 (1793/94)
Adagio – Adagio vivace
Largo con espressione
Scherzo: Allegro – Trio
Finale: Presto
Klaviertrio Nr. 5, D-dur, op. 70, Nr. 1 «Geister-Trio» (1808)
Allegro vivace e con brio
Largo assai e espressivo
Presto
Klaviertrio Nr. 7, B-dur, op. 97 «Erzherzog-Trio» (1811)
Allegro moderato
Scherzo: Allegro
Andante cantabile (ma però con moto) –
Allegro moderato – Presto