Nicht lange nach den sechs Quartetten op. 50 von 1787 liess Haydn diesen eine neue Sechsergruppe folgen; sie wurde allerdings auf zwei Opusnummern aufgeteilt (opp. 54 und 55). Das C-dur Quartett op. 54/2 fällt durch mehrere Eigenheiten und besondere Qualitäten, insbesondere durch den originellen Schlusssatz auf. Welcher Komponist ausser Haydn hätte es damals gewagt, ein Quartett mit einem Adagio zu beenden? Nicht nur dies verleiht dem Werk besondere Bedeutung. Die mit der Bestimmung für den Geiger Johann Tost erklärbare Virtuosität der ersten Violine verbindet sich mit Beschwingtheit, Melodienreichtum, erlesener Feinheit der satztechnischen Arbeit und mit formaler Originalität. Kühne Akzente bestimmen den ersten Satz, der zudem durch neuartige harmonische Gestaltung überrascht. Schon das Hauptthema, welches in der Regel sein C-dur bekräftigen sollte, wechselt gleich nach G-dur, As-dur und a-moll. Das c-moll-Adagio in seiner improvisatorischen Form wird von geradezu meditativem Fortspinnen des musikalischen Gedankens in der ersten Violine bestimmt. Wie in op. 20/2 schliesst das Menuett eher ungewohnt attacca an. Das Trio, wiederum in c-moll, überrascht: Nicht pastorale Heiterkeit oder ein ländlicher Tanz, sondern beklemmende, geradezu schmerzerfüllte Klagen werden laut. Und dann folgt das einmalige Finale. Wer es nicht kennt, glaubt zunächst, eine langsame Einleitung zu hören. Doch dann beginnt die erste Violine ausgiebig eines der schönsten langsamen Themen Haydns zu singen und zu umspielen. Ist das nun der Hauptteil des Satzes? Doch Haydn wäre nicht Haydn, würde er uns nicht weiterhin überraschen. So folgt dann doch noch mit einem federnd leichten Presto der erwartete Finalkehraus – aber auch da täuscht man sich: Der Spass dauert keine Minute, dann kehrt der Gesang des Adagio zurück und lässt das originelle Werk leise ausklingen.
Am 5. September 1814 notierte Schubert, er habe den Kopfsatz des B-dur-Quartetts „in 4½ Stunden verfertigt“. Der Anlass für den Schaffenseifer könnte damit zusammenhängen, dass Schubert Anfang September sein Praktikum als Schulgehilfe beendet und sein Diplom erhalten hatte; zudem bestanden reelle Aussichten darauf, dass seine im Frühsommer geschriebene F-dur-Messe (D 105) aufgeführt würde. Am 13. September scheint das Quartett beendet gewesen zu sein. Das Werk wird unter den frühen Quartetten Schuberts positiv beurteilt. Man gesteht ihm echt schubertsche Töne zu und die auch hier noch geltenden Vorbilder Haydn und Mozart erscheinen in einen eigenen Stil eingebunden. Dazu kommt eine vollkommene Beherrschung der formalen Probleme. Bemerkenswert sind die chromatischen Elemente des mit einer Quinte beginnenden Kopfsatzes. Dieser Gedanke scheint nicht so sehr das Hauptthema des Satzes zu sein, eher eine Art Einstimmung. Das Andante in g-moll ist in seinen scheinbaren Liedparaphrasen und überraschenden Einbrüchen von Forte-Akkorden am Schluss „echter“ Schubert, auch wenn noch Mozart hineinblickt. Das Menuett ist ein kräftiger, geradezu ländlich-alpenländischer Tanz, dem im Trio lyrische Kantilenen gegenüberstehen. Das Presto-Finale hat ein unruhiges, weniger spielerisches als drängendes Hauptthema. Da es mit Motiven und Spieltechniken arbeitet, die später im Scherzo der grossen C-dur-Sinfonie wirksam werden, trägt es ebenfalls dazu bei, dass man hier bereits den späteren Schubert zu vernehmen glaubt. „In diesem Quartett ist damit zum erstenmal eine wirklich innere Geschlossenheit erreicht, und zugleich tritt überall der Wille zu persönlichem Ausdrucksstil in Erscheinung“ (Walther Vetter 1934).