Mit den Opera 34 und 51 (1877 und 1878/79) hat auch Dvorák nach acht früheren Werken seine Quartett-Meisterschaft erreicht. Sie geht einher mit dem Einsatz der Nationalmusik in der Kunstmusik, also ausserhalb jenes Bereichs der Tänze, Duette und Rhapsodien, der bisher Dvorák so viel Erfolg gebracht hatte. »Die nationale Komponente tritt bei diesem Es-dur-Quartett vor allem im 2. und 4. Satz zutage. Um eine Dumka, eine Art Ballade ukrainischen Ursprungs, handelt es sich beim 2. Satz. Als tschechische Skocna wiederum entpuppt sich der auf die Romanze folgende, in Rondoform durchgeführte Schlussatz. Auch in diesem Allegro assai findet Dvorák zu einer glücklichen Synthese von kraftvoller Urwüchsigkeit und feinster kammermusikalischer Satzkunst« (H.C. Worbs). Immerhin sei festgehalten, dass der Einbezug der Nationalmusik auf den Wunsch des Auftraggebers Jean Becker, des Primarius des Florentiner Streichquartetts, zurückgeht, der von Dvorák ausdrücklich ein slawisches Quartett wünschte.
Brahms verdankte einen Teil seines Ruhms einem Missverständnis, da ihn die «Neudeutschen» um Liszt und Wagner zum Reaktionär stempelten. Einer hingegen, dessen Fortschrittlichkeit nicht in Zweifel zu ziehen ist, hat Brahms unter dem Blickwinkel des Modernen gesehen: Schönberg. Was er als Grundlage für sein eigenes Vorgehen benutzte, das Verfahren der entwickelnden Variation, bewunderte er bei Brahms: die Verschmelzung von Poesie und Logik, Ausdruckskraft und Form, von Melodik und thematischer Arbeit.
Dies ist nicht erst in der manchmal spröde wirkenden Sprache des Spätwerks zu erkennen. Schon ein so langes sentimentales Stück – wie Brahms sein 1. Sextett bezeichnete – mit seiner überquellenden Emotionalität und Melodienseligkeit lässt jene variative Verarbeitung thematischer Motive erkennen. Das Motivmaterial stammt im 1. Satz aus dem Themenkopf des Hauptthemas und dem Auftaktmotiv des Seitenthemas, während die in schubertscher Formerweiterung zwischen Haupt- und Seitenthema eingeschobene Ländlermelodie in A-dur keine Entwicklung auslöst. Im Rondo-Finale bleiben der Form entsprechend die Themen zwar unverändert, in den Verbindungsteilen dagegen werden ihre Motive höchst aktiv variiert und entwickelt. Einfacher verarbeitet der Variationensatz das Thema. Über gleich bleibendem Bass entsteht eine chaconnehafte Reihe von Veränderungen, die mehr durch die Kontraste im Rhythmischen und im Ausdruck bestimmt wird als durch echte Veränderung des Materials oder gar durch Erweiterungen im beethovenschen Sinne. Auffällig bleibt im ganzen Werk die geradezu orchestrale Klangfülle.