Am 4. Juni 1789 war Mozart von seiner Reise nach Potsdam und Berlin nach Wien zurückgekehrt. Noch im selben Monat trug er «Ein Quartett für 2 Violin, Viola e Violoncello für Seine Mayestätt dem König / in Preussen» in sein Werkverzeichnis ein. Der Grund, für den Cello spielenden Friedrich Wilhelm II. eine Serie von sechs Quartetten zu schreiben, war wohl ein königlicher Auftrag, bestand aber für den in Geldnöten steckenden Komponisten vor allem in der Hoffnung auf ein angemessenes Gnadengeschenk. Juni 1789, das war nur ein Monat vor dem Sturm auf die Bastille. Ein Jahr später hatte sich nach der Komposition zweier weiterer Quartette (KV 589 und 590) im Mai und Juni 1790 das Projekt zerschlagen – da war die Welt, zumindest in Paris, nicht mehr dieselbe wie im Vorjahr. Eines jedoch ist sicher: Es war nicht die neue politische Situation, die Mozart zur Aufgabe des ursprünglichen Plans geführt hatte. Was der genaue Grund war, ist unklar; vielleicht war es der Ärger beim Versuch der Geldbeschaffung. So klagte denn Mozart am 12. Juni 1790 gegenüber Puchberg bloss wegen der entgangenen Entlöhnung: «Nun bin ich gezwungen, meine Quartetten (diese mühsame Arbeit) um ein Spottgeld herzugeben, nur um in meinen Umständen Geld in die Hände zu bekommen.» In ihnen ist weder etwas von Umbruchstimmung noch von Geldnot zu spüren, im Gegenteil – und das trotz «mühsamer Arbeit». In entspannter Kantabilität, Liedhaftigkeit, staccato-untermalter Melodie und in Verbindung von eleganter Klangsinnlichkeit mit hochentwickelter Polyphonie fliessen die vier Sätze vorüber. Leichte Melancholie liegt über dem D-dur-Quartett, und vielleicht hat man darum den Anklang des so einfach gestalteten zweiten Satzes an das Lied «Das Veilchen» gerne zum Anlass genommen, es mit dem Beinamen «Veilchenquartett» zu kennzeichnen. Zwar sind die drei Quartette von 1789/90 stilistisch einfacher als die sechs «Haydn-Quartette» von 1782 bis 1785. Dass es sich Mozart gleichwohl nicht leicht gemacht hat, zeigen aufgegebene Entwürfe zu den Finali von KV 575 und 589. Und obwohl sie als «Preussische Quartette» bezeichnet werden, gehören sie nach Wien – und Paris hat schon gar nichts zu suchen. An den Preussenkönig erinnert ausser dem Beinamen noch die gerade in KV 575 besonders reiche Cellostimme. Sie hat grossen Anteil am musikalischen Geschehen – mit der Folge, dass die vier Stimmen so gleichwertig ausgestaltet sind wie nie zuvor.
Dvořáks C-dur-Quartett op. 61 ist eher selten zu hören und wird auch gelegentlich kritisiert. Alec Robertson befindet in seiner Dvořák-Biographie von 1945 (deutsch 1947): «Für das C-dur-Quartett kann man Bewunderung, aber keine Liebe empfinden.» Vielleicht lag es an der Entstehungsgeschichte. Das Quartett war ein Auftrag des Wiener Geigers Joseph Hellmersberger jun. von 1881. Dvořák sah keinen Grund zur Eile, arbeitete er doch gerade an seiner Oper Dimitrij. Da erfuhr er aus der Presse, dass das Hellmersberger-Quartett sein Werk am 15. Dezember in Wien aufführen werde. Er machte sich rasch ans Werk und schrieb das Stück zwischen dem 25. Oktober und 10. November. Das erklärt wohl, warum Dvořák auf frühere, nicht verwendete Sätze zurückgriff. Der Kopfsatz dagegen entstand gleich zweimal; die erste Komposition in F-dur wurde verworfen. Dazu mag ein gewisser Druck gekommen sein, Musik für Wien und Wiener Musiker zu schreiben – wie konnte man da an den Grossen der Wiener Komponisten vorbeikommen? Man hat im Kopfsatz des Quartetts intensive Auseinandersetzung mit dem Beethoven des op. 59 festgestellt, ausserdem im langsamen Satz mit Schubert. So ist es eben kein slawisches Werk geworden, sondern eines auf den Spuren der Wiener Klassik. Dvořák verzichtete bewusst auf den slawischen Tonfall, der das vorangehende op. 51 geprägt und zum Erfolg geführt hatte. So ist der 3. Satz ein reines Scherzo (à la Beethoven) und kein «slawischer Tanz». Einzig im Schlusssatz bringt eine skocna ein böhmisches Element hinein, das befreiend wirkt. Der grandioso-Schluss scheint dann doch wieder mehr sein zu wollen als slawisches Gefühl und Spielfreude. Die Kritik bedauerte den Verzicht auf das Slawische und bewertete das Werk eher ungünstig: Dvořák hatte eben slawisch-natürlich zu komponieren und nicht kunstvoll-gesucht! Er selber war anderer Meinung, nannte er das Werk doch «von meinen Kammermusikstücken das grösste und das vollendetste». – Der Clou der Sache: Wegen des Brandes des Wiener Ringtheaters am 8. Dezember 1881 mit offiziell 384 (oder mehr) Toten hatte Kaiser Franz Joseph Staatstrauer angeordnet; Konzerte durften keine stattfinden. Die Uraufführung erfolgte erst am 2. November 1882 (Veröffentlichung bereits im Februar) durch das Joachim-Quartett – in Berlin! Wie wäre das Quartett herausgekommen, hätte Dvořák dies gewusst? Gut berlinerisch oder doch eher wie das 1879 für Berlin komponierte op. 51 echt böhmisch?