Konzerte Saison 2025-2026

  • 11.11.2025
  • 19:30
  • 100.Saison
  • Abo 8
Stadtcasino Basel, Hans Huber-Saal

Danish String Quartet (Kopenhagen)

Die Gründungsmitglieder des Danish String Quartet lernten sich anfang der 2000er Jahre als Jugendliche in einem Musik-Sommercamp kennen und wurden später von Tim Frederiksen an der Königlich Dänischen Musikakademie in Kopenhagen betreut. Seit 2008 spielt das Ensemble in seiner heutigen Besetzung mit dem norwegischen Cellisten Fredrik Schøyen Sjölin. Das Quartett ist international für seine musikalische Spontaneität und sein homogenes Zusammenspiel bekannt.Es hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den Carl-Nielsen-Preis (2011), Dänemarks höchste kulturelle Ehrung, und wurde von Musical America zum Ensemble des Jahres 2020 ernannt. Internationale Aufmerksamkeit erlangte es zudem durch die Teilnahme am BBC Radio 3 New Generation Artists Programm. Ein wichtiges aktuelles Projekt ist die mehrjährige Konzert- und Aufnahmereihe DOPPELGÄNGER, die späte Kammermusikwerke von Franz Schubert mit Uraufführungen renommierter Komponisten wie Bent Sørensen, Lotta Wennäkoski, Anna Thorvaldsdottir und Thomas Adès koppelt. Ein weiteres bedeutendes Projekt ist die Albumserie PRISM, welche die Beziehungen zwischen Fugen von Johann Sebastian Bach, Streichquartetten von Ludwig van Beethoven und Werken von Komponisten wie Schostakowitsch, Schnittke und Bartók untersucht. Neben der Gesamteinspielung der Quartette von Carl Nielsen hat das Ensemble mehrere Alben mit Arrangements skandinavischer Volksmusik veröffentlicht.
Ab 1913 hatte Igor Strawinsky seinen Ruf als Skandalkomponist weg: Im Mai dieses Jahres hatte in Paris die Uraufführung seines Balletts «Le Sacre du Printemps» für eine wahre Saalschlacht gesorgt. Der Russe galt fortan als Dissonanzenarchitekt, dessen Musik alles mögliche war, nur nicht «schön». Das Publikum, das – von diesem Image vorbelastet – 1920 in der französischen Hauptstadt die Uraufführung des Balletts «Pulcinella» besuchte, wird sich sehr gewundert haben. Hier waren plötzlich wieder Melodien zu hören, die man geradezu mitsingen konnte; Themen von der Unschuld eines Barockkonzerts oder frühklassischen Arien, Menuetten und Gavotten. Strawinsky hatte das bunte Treiben der alten italienischen Stegreifkomödie für sich entdeckt und sie mit modern bearbeiteten Zitaten aus dem Werk des Barockmeisters Giovanni Battista Pergolesi untermalt. Dass einige der Themen, wie die Musikwissenschaft herausfand, gar nicht von Pergolesi, sondern von unbekannteren Zeitgenossen stammten, ist für den besonderen Reiz von Strawinskys Werk irrelevant. Die stilistische Zeitreise, die auch in einer später vom Komponisten für Violine oder Cello eingerichteten «Suite italienne» Beifall gefunden hat, wurde zu einem Erfolg, der viele mit dem Sacre-Skandaleur versöhnte.

Sein Lebensweg führte den 1934 geborenen Wolgadeutschen Alfred Schnittke über Moskau und Wien bis nach Deutschland – dem Land, dessen Staatsangehörigkeit er seit 1990 besass. Dabei inspirierten ihn so viele musikalische Einflüsse und Stile, dass sein Lebenswerk schwer unter einen Begriff zu fassen ist. Seine Sprache reicht von neoklassizistischer Neuentdeckung des Barockstils bis zur Zwölftontechnik, von der Filmmusik bis zur Avantgarde. Schnittkes zweites Streichquartett ist Zeugnis persönlich erlebter Trauer. 1979 starb seine enge Freundin, die Regisseurin Larissa Schepitko, bei einem Autounfall. Schnitte hatte für deren letzten vollendeten Film («Der Aufstieg», 1977 bei der Berlinale mit dem «Goldenen Bären» ausgezeichnet) die Musik geschrieben. Er reagierte darauf mit seinem zweiten Quartett, dessen Ausdruck zwischen Besinnung, Verzweiflung und Verwirrung schwankt. Schnittke unterzieht das Tonmaterial, das dem Komponisten zufolge aus der alten russischen Kirchenmusik stammt, in mehreren Anläufen immer wieder verfremdenden Effekten und chaotischen Auflösungsprozessen.

Ein Zeitungsartikel in der russischen Tageszeitung Prawda war für Dmitri Schostakowitsch der Beginn eines Lebens unter einem Damoklesschwert. Unter dem Titel «Chaos statt Musik» hatte der russische Diktator Stalin wahrscheinlich persönlich die Musik Schostakowitschs verunglimpft und als politisch unerwünscht gebrandmarkt. Immer wieder hatte der Komponist nun damit zu kämpfen, den offiziellen Anforderungen gerecht zu werden, aber gleichzeitig sein künstlerisches Selbstbewusstsein zu behalten. Dies gelang ihm mit unterschiedlichen Methoden von vorbehaltloser Anbiederung an Gefordertes (etwa in den heute so populären Walzern) über das Verstecken hinter einer nur für Kenner sichtbaren Grimasse (wie in einigen seiner Sinfonien) bis hin zur rigorosen Befolgung des eigenen Gewissens. Werke der dritten Kategorie blieben lange in der Schublade – wie auch das vierte Streichquartett aus dem Jahre 1949, das ein Jahr später nur in einer geheimen Aufführung in der Wohnung des Komponisten erklang und erst nach Stalins Tod seine öffentliche Premiere erlebte. Was dem Komponisten an dem Werk zu gefährlich erschien, erlebt man im vierten Satz: Hier schöpfte Schostakowitsch aus dem typischen, von Trauer umwehten tänzerischen Motivmaterial jüdischer Volksmusik. Das wäre dem bekennenden Antisemiten Stalin und seinem Kulturapparat ein Dorn im Auge gewesen.

Oliver Buslau

Igor Strawinsky 1882-1971

Suite italienne (arrangiert durch das Danish String Quartet)
1. Introduzione (Allegro moderato)
2. Serenata (Larghetto)
3. Aria (Allegro alla breve)
4.
Tarantella (Vivace)
5. Minuetto e Finale (Moderato – Molto vivace)

Alfred Schnittke 1934-1998

Streichquartett Nr. 2 (1980)
Moderato
Agitato
Mesto
Moderato

Dmitrij Schostakowitsch 1906-1975

Streichquartett Nr. 4, D-dur, op. 83 (1949)
Allegretto
Andantino
Allegretto
Allegretto