• Werk-Details
  • Streichquintett Nr. 2, G-dur, op. 111 (1890)

Johannes Brahms 1833-1897

Mit dem G-dur-Quintett glaubte der 57-jährige Brahms sein kompositorisches Schaffen für abgeschlossen (an Verleger Simrock: „Mit diesem Brief können Sie sich von meiner Musik verabschieden, denn es ist sicherlich Zeit zu gehen.“), doch dann lernte er den Klarinettisten Richard Mühlfeld kennen, was einen neuen Schaffensschub auslöste. Ist das Quintett somit ein todesnaher Schlussgesang? Keineswegs! Das im Sommer 1890 in Bad Ischl entstandene Quintett ist, wie schon die Tonart G-dur vermuten lässt, neben zupackenden Passagen durchaus heiter, wenn auch meist nur in Gegenüberstellung zu Ernstem. Brahms arbeitet häufig mit dem gleichsam konstituierenden Element der Klanglichkeit. Schon der Beginn zeigt es: Die beiden Geigen und Bratschen legen mit ihren meist in Terzen abwechselnden Sechzehnteln – sie ergeben den G-dur-Akkord – einen Klangteppich, aus dem heraus das Cello das Thema hervortreten lässt. (Das erinnert entfernt an Bruckners „Vorhang“-Technik am Beginn seiner Sinfoniensätze.) Das zweite, von der Bratsche eingeführte Thema ist eine (dem Prater abgelauschte?) Art behaglichen Walzers. Mit den für Brahms so typischen entwickelnden Variationen, die Schönberg („Brahms der Fortschrittliche“) bewundert hat, wird die Exposition zu Ende geführt. Die Durchführung beruht zwar auf dem Hauptthema, wird aber von vielfältigen Motiven, z.B. den Sechzehntelterzen des Beginns, umspielt und raffiniert kontrapunktisch durchgestaltet. Auch das Adagio (d-moll) lebt von der Technik der entwickelnden Variation, die über übliches Variieren hinausgeht. Die 1. Bratsche führt das romanzenhafte, leicht traurige Thema ein, das selber verschiedene Varianten erfährt. Anstelle des Scherzos steht ein zurückhaltenderes, wiegendes Intermezzo in g-moll mit einem lieblichen Trio in G-dur. Die sanfte Stimmung dieses Satzes passt gut zum Adagio. Im Finale lässt Brahms einen ungarischen Tanz in der Art eines Csárdás los, zu dem es nichts zu sagen gibt, ausser dass auch er kunstvoll kontrapunktisch gearbeitet ist. Erstaunlich, dass dieses eigentlich dritte Streichquintett wie das verlorene „erste“ (mit 2 Celli), welches dann zum Klavierquintett umgearbeitet wurde, kritische Bemerkungen von Joseph Joachim hervorgerufen hat.
Allegro non troppo, ma con brio
Adagio
Un poco allegretto
Vivace, ma non troppo presto