Konzerte Saison 1993-1994

  • 18.1.1994
  • 20:15
  • 68.Saison
  • Zyklus A
Stadtcasino, Festsaal

Lark Quartet (New York)

Schuberts frühe Streichquartette, die er etwa ab 1810 und vor 1820 komponiert hat, sind eher selten im Konzert zu hören. Sie wurden meist für das Schubertsche Hausquartett komponiert und nicht öffentlich aufgeführt. Man vermutet allerdings bei einigen der späteren Quartette, etwa bei den Nummern 9 und 11, dass sie vielleicht doch für professionelle Ensembles geschrieben wurden (Wulf Konold). Doch erst mit dem Quartettsatz in c-moll, komponiert im Dezember 1820, tritt der «wahre» Schubert hervor. Alfred Einstein formulierte es so: «Keine Brücke führt zu ihm (dem Quartettsatz D 703) von den früheren Quartetten.» Umso erhellender ist es, wenn sich zwei Quartette aus beiden Epochen in einem Konzert gegenüberstehen. Die Datierung des frühen D-dur-Werks D 94 ist nicht eindeutig geklärt. Man kann von 1811, 1812 (vielleicht erste Skizzen?) bis 1814 lesen. Am ehesten dürfte 1813 zutreffen (Peter Gülke nennt 22. Aug. bis Sept. 1813). Die nicht veröffentlichten Werke lagen lange bei privaten Besitzern, zuerst bei Bruder Ferdinand. So gelangten manche Quartette erst mit der Zeit an die Öffentlichkeit. Den Kopfsatz von D 94 hat Einstein unausgeglichen genannt. Das Andante in G-dur beruht auf einem einzigen, zweiteiligen Thema, das an Mozart denken lässt. Auffällig ist die Kürze der Sätze 3 (ein Menuett mit heiterem, ländlerhaftem Trio) und 4 (Finale: ein Rondo mit Schwung à la Haydn).
Mit dem Opus 59 beginnt das moderne Streichquartett. Hatten das erste und etwas weniger das zweite Quartett damals schockierend gewirkt, so erscheint das dritte weniger gewagt. Die Allgemeine Musikalische Zeitung von 1806/07 bezeichnete es als „allgemeinfasslich“. Es ist das kürzeste und konzentrierteste der drei Schwesterwerke und bildet gleichsam die Synthese der beiden vorangegangenen Werke. Gleichwohl zeigt es die modernen Errungenschaften der Quartettkomposition. Mag die Wiederaufnahme einer langsamen Einleitung zunächst als Rückgriff auf die Tradition erscheinen, so bildet gemäss A. Werner-Jensen die Art, wie dies hier geschieht, mehr einen Traditionsbruch als eine Fortführung gewohnter Formen. Erstaunlich ist zudem, dass nach dieser Einleitung am Beginn des Allegro noch eine weitere folgt. Das Hauptthema kommt erst später nach einer überleitenden Violinkadenz mit einem C-dur-Akkord zum Zug. Die Durchführung verwendet nicht nur die drei Gedanken der Exposition, sondern auch die Septakkorde der Einleitung und die Violinkadenz. Im Gegensatz zu den beiden ersten Quartetten zitiert Beethoven in diesem Werk kein thème russe, doch klingt das Thema des Andante (a-moll) irgendwie russisch. Das als grazioso bezeichnete Menuett wirkt wie ein Spiel mit vergangenen Formen; dafür fährt das Trio in F-dur energisch dazwischen. Nach diesen zahlreichen Eigenheiten überrascht auch das virtuose, attacca an das Menuett anschliessende Finale, eine Verbindung von Sonatensatz und Fuge. Gerade diese nicht regelkonforme Fuge hat es in sich und hat Beethoven nicht wenig Kritik eingetragen, beweist aber auch die Kühnheit und Modernität dieses heute so klassisch wirkenden Werkes. Mit der „Grossen Fuge“ am Ende von op. 130 wird Beethoven auf viel gewagtere Weise im Spätwerk auf eine solche „unregelmässige“ Fuge (tantôt libre, tantôt recherchée) zurückgreifen. Die drei Werke des Opus 59 sind in der Reihenfolge der Nummerierung entstanden, das C-dur-Quartett ist also tatsächlich das Abschlussstück. Dies ist ein weiterer Hinweis auf die zyklische Gestaltung der Werkgruppe.

Franz Schubert 1797-1828

Streichquartett Nr. 7, D-dur, D 94 (1811–14)
Allegro
Andante con moto
Menuetto: Allegretto – Trio
Presto

Alfred Schnittke 1934-1998

Streichquartett Nr. 2 (1980)
Moderato
Agitato
Mesto
Moderato

Ludwig van Beethoven 1770-1827

Streichquartett Nr. 9, C-dur, op. 59, Nr. 3 «3. Rasumovsky-Quartett» (1806 ?)
Introduzione: Andante con moto – Allegro vivace
Andante con moto quasi allegretto
Menuetto (grazioso) mit Trio –
Allegro molto